Vor einigen Tagen habe ich die schon etwas ältere Doku „Der letzte Sommer der DDR“ auf der ZDF Mediathek entdeckt. Mann kann das auch bei Youtube schauen:
Das ganze hätte sicher besser geschnitten werden können und 3 Teile hätten in diesem Stil auch gereicht. Trotzdem, mich berührt das immer sehr. 1989 saß ich schon auf der anderen Seite der Mauer, auch 14 Jahre alt wie der Junge aus dem Buch im vorigen Artikel. Wir sind 1984 über einen Ausreiseantrag raus aus dem Osten. Weg aus dem Land das es nun nicht mehr gibt, oder eben nur in der Erinnerung.
Ich erinnere mich sehr genau an diese Zeit. Ich sehe mich auf der braunen Ledercoach im Wohnzimmer sitzen, allein. Und voll am heulen. Und immer noch wenn ich mir Filme über die Mauer anschaue treibt es mir die Tränen in die Auge.
Als wir auswanderten war ich 8 Jahre alt, 2, Klasse und eine stolze Pionierin. Mein Uniform und mein schickes blaues Halstuch durfte ich damals nicht mit rüber nehmen. Überhaupt war das ein ziemlich komischer Umzug damals, und wir Kinder erfuhren erst 2 Wochen vorher davon. Ich hatte Alpträume vom Westen und auch als wir dann schon länger dort waren, nach mehreren Übergangswohnheimen, endlich in einer eigenen Wohnung – mit Kinderzimmer! gab es innerlich immer den Plan das Taschengeld was es jetzt gab zu sparen und zurück zu Oma zu fahren. Da wir Kinder waren und eine Großtante im Rentenalter hatten verbrachte ich auch noch Ferien in der DDR. Ich weiß nicht mehr genau wie oft. Aber ich weiß mit der Großtante durften wir über die Grenze, an der der Zug immer ne Stunde stand, und der Po in der Hitze am Kunstledersitz festklebte, bis alle kontrolliert waren. Heute wunder ich mich drüber das meine Eltern keine Angst hatten das Sie uns einfach drüben behalten.
Es war hier- und dort immer ein Kulturschock. Ich habe mich seitdem eigentlich nirgendwo mehr wirklich zu Hause gefühlt.
Als nun Westkind durften Wir in den Intershop und dort Schokolade kaufen. Verwaltet hat die Großtante das Geld. Und inzwischen kamen mir die normalen Geschäfte auch sehr komisch vor, so wie auch die Straßen, die Häuser, die Sachen, die Kinder. Hier oder Dort alles war immer Anders und sehr Unterschiedlich.
Bis ´89 hatte ich das Geld für meine Flucht zurück, über die ich mir dann auch nicht mehr so sicher war, aufjedenfall nicht zusammen. Im selben Sommer hatte ich Konfirmation, das machen die Evangelischen so, ist so was ähnliches wie die Jugendweihe und man mußte vorher den Unterricht einige Woche besuchen und es gab Geschenke. Das Ding war: meine Oma durfte zu uns in den Westen kommen und mit Sondergenehmigung auch meine Kusine. Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen weil ich dann mit Ihr in die Stadt fuhr zum einkaufen vom Geschenkegeld… und Sie ja aber keine Westdevisen hatte. Ach alles komisch.
Es würde eh bald alles anders werden, auch wenn Wir es zu dem Zeitpunkt nicht wußten. Nun denn, da saß ich dann nun nach diesem Sommer und es ging los mit der „friedlichen“ Revolte. Ich konnte es einfach nicht fassen was passierte. Ich erinnere mich noch an ein Telefonat mit meiner Oma, und der Frage ob der Onkel bei der Montagsdemo sei. Und als die Mauer fiel war da einfach soviel Rührung das Wir jetzt IMMER rüber fahren konnten und es egal war ob man Rentner war.
Als Wir dann im nächsten Sommer die Koffer packten konnten Wir es mit eigenen Augen sehen: keine echte Grenze mehr. Die Türme standen noch, und viele Straßen waren damals Einspurig – heute gibts da 4-spurige Autobahnen – Jahrelang noch fuhren wir durch Baustellen. Wir brauchten viele viele Stunden und standen lange im Stau…aber dann war man einfach wieder drüben. Unser erster Besuch von West nach Ost in der ganzen Familie. WOW. Das war richtig toll.
Aug 19, 2014 @ 07:27:59
Sehr bewegender Text! 🙂 Dankeschön.
Aug 19, 2014 @ 08:53:37
Danke fürs Feedback, das freut mich wenn es so ankommt, war mir nicht sicher 🙂