Kurz bevor ich die Sprache anfing wirklich nervig zu finden war ich dem Sog des Buches auch schon vollkommen erlegen.
Ja die Sprache ist merkwürdig, aber Sie passt zum Konzept. Ein Kind erzählt, so hört es sich für mich an – bzw. ein Kind erzählt wie sich das Erwachsene eben vorstellen das ein Kind erzählt; das aber in einer flüssigen Schriftsprache.
„…ich wäre gern ein liebes Mädchen gewesen, aber ich schaffte es nicht…“
Ich fing das Buch Abends in der Wanne an zu lesen und konnte nicht mehr aufhören – sprich das Wasser war irgendwann kalt und die Haut ganz schrumpelig, habe es dann die nächsten 2 Abende fertig gelesen – konnte es kaum aus der Hand legen. Es hat mich in seinen Bann gezogen. Ich hoffte auf ein gutes Ende, darauf auch, das sich etwas zum besseren verändert… eine echte Flucht gelingt, nicht nur in Gedanken.
„Wenn man lesen kann, kann man zaubern und sich in alle Länder in der ganzen Welt versetzen oder in Tiere verwandeln….“
Ich hatte viele Bilder im Kopf, grobe Illustrationen zu den schlimmen Dingen die hier nebenbei vorkommen, plötzlich auftauchen, so erzählt werden als wäre es Normalität… was es im Leben dieses Mädchens auch ist. Ein wirklich sehr eigenes Buch, heftige Beschreibungen dazwischen über Schläge und Misshandlungen und darüber allein zu sein, ausgeliefert. Und wie die Dunkelheit dann manchmal als Schutz zu einem kommt um den Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen.
„Lieber gar nicht lieb haben als trotzdem, dachte ich, weil man bei trotzdem im Grunde nichts machen kann.“
Davon das die Geschichte in den 60igern spielt merkt man nicht wirklich etwas. Die Rahmenhandlung spielt auch keine allzu wichtige Rolle. Auch wenn manche Begegnungen ausschlaggebend sind, z.B. für die Liebe zu den Geschichten und Märchen über Orte weit weg, die das kleine Mädchen faszinieren. Geschichten in die Sie sich flüchtet.
Am Ende franst es ganz und gar aus – das Buch, – die Geschichte, – was das Mädchen erzählt. Ich habe die Orientierung dann vollends verloren und ich verstehe nicht warum die Autorin so ein Ende setzt, oder was Sie damit sagen will. Es geht viel um „hätte“ und ich frage mich ob das Mädchen einfach durchgedreht ist…
Sicher kein Einzelschicksal was hier geschildert wird, schockierend in der Normalität des Brutalen, wie es selbst heute noch Kinder erleben müssen. Man wünscht sich man könnte das Mädchen retten,… an manchen Stellen ist es schwer zu ertragen.
***
Faszinierend in der Sprache, Sog erzeugend in der Erzählung und teilweise schwer auszuhalten. Die Hoffnung die andere hier finde lese ich nicht. Auch wenn das Mädchen eine starke Persönlichkeit vorzuweisen hat und fast schon altklug und weise daher kommt, es hilft Ihr nicht beim davonkommen. Sie findet eine Strategie die Dinge zu ertragen, mir wäre es soviel lieber gewesen wenn Sie abgehauen wäre…
***
Ich kenne die Schriftstellerin nicht – Sie hat aber schon einige Preise für ihre Werke bekommen. Ich kann leider keine Vergleiche ziehen zu Ihren anderen Büchern. Ich weiß nicht ob es Ihre Kindheit war was Sie hier beschreibt…so manches spricht dafür, z.b. die Sprache und für mich auch Ihr Blick auf dem Foto, aber ich weiß nicht ob das nicht reine Interpretation meinerseits ist.
***
Erst heute las ich wieder davon wie ein Kind von seinem Onkel zu Tode gequält wurde, mitten in Deutschland. Lasst uns die Augen offenhalten und die Ohren.
***
Ich freue mich, dass ich geboren bin
Piper, 18, 00 €