Sanft, leise plätschernd, klar und ungekünstelt, so empfand ich damals einen bei Youtube gefundenen Buchtrailer.
Leider konnte ich diesen Sound im Buch nicht finden, was mir fast schon ein wenig Leid tut, da ich der Autorin auch auf Instagram folge und sie ziemlich sympathisch finde. Ein wenig anders, eine Type eben. Doch das Buch hat mich nicht mitgenommen, ganz im Gegenteil hat es mich Kraft gekostet weiterzulesen. Und am Ende habe ich die Seiten nur noch überflogen. Vielleicht auch ein Rhythmus der Gegenwehr. Denn nach dem sich die Protagonistin und der Protagonist gefunden haben geht alles wieder auseinander, wie ein zu flüssiger Kuchenteig, der endlos verläuft, in der undichten Kuchenform.
Lene und Hendrik. Es beginnt sehr schön, und nach und nach erfährt man etwas über die Vergangenheit der Figuren, vor allem über Hendrik. Seine Geschichte blättert sich auf, und scheint ihn bis heute zu verfolgen. Schweres Gepäck. Für Lene nicht gut auszuhalten. Und für die Beziehung vielleicht zuviel. Und am Ende zeigt sich, dass Versprechen nicht gehalten werden können. „Wir kriegen das hin“…
Oder eben auch nicht.
Erstaunlich dick das kleine Buch. Eine praktische etwas kleinere Größe, als sonst die Bücher haben, es liegt ungemein gut in der Hand. Ich bin immer noch erstaunt, das Buch hat über 200 Seiten.
Benedict Wells wird auf dem Buchrücken zitiert. Die Sprache von Svenja Gräfens sei kunstvoll und von eigentümlicher Schönheit. Ich finde es klingt an den guten Stellen nach Poetry Slam oder auch Spoken Words (eine ähnliche Sache wie Poetry Slams nur realer, echter, weniger lustig). Ja vielleicht hätte es gereicht 2,3 Poetry Slam Texte zu dieser Geschichte zu schreiben anstatt ein ganzes Buch?
Oder vielleicht ist das einfach eine andere Generation der ich nicht mehr so ganz folgen kann. Ich denk daran wirds liegen.
Meins war es nicht.
„Das ist kein Glück, wenn nie etwas passiert, das kann doch gar kein Glück sein. Wenn immer alles gut geht… „
*** Svenja Gräfen
Das Rauschen in unseren Köpfen
Ullstein Verlag
Ein Generationenroman sozusagen. Verschiedene Zeitschienen und eine Familie der Frauen. Die Autorin für mich eine Neuentdeckung und auch ihr erstes eigenes Buch. Ich frage mich was biografisches in der Geschichte steckt. Denn in „Schlechte Gesellschaft“ geht es um Papiere eines Schriftstellers, um seinen Nachlass. Und Katharina Born, die Autorin, hat selbst vor diesem Roman das Werk ihres Vater herausgegeben.
Im Roman gibt es eine Judith die auch sehr gern überraschend gefundene Papiere des Vaters verlegen möchte. Dieser Vater und sein schreiben, sowie sein Jugendfreund spielen eine wichtige Rolle im Leben der Frauen Judith, ihrer Mutter Hella und auch ihrer Tochter Alexia.
Am Anfang war ich nicht sehr begeistert schon wieder so eine Geschichte die ständig zwischen den verschiedenen Zeiten hin- und her springt, und ich hab auch zwischendurch immer mal vorblättern müssen, weil ich zu neugierig war wie die entsprechende Zeitschiene weiterging. aber ich muß sagen es war sehr spannend, das ganze Buch lang.
Ich kann gar nicht so genau sagen was mich an dem Buch so gefesselt hat. Es ist aufjedenfall sehr gut erzählt. Die Figuren machen neugierig. Man folgt auf einer Seite den Frauen durch die Jahrzehnte, und andererseits Andreas Wieland, einem Doktoranden, der eben die Papiere des Schriftstellers sozusagen entdeckt und großes vermutet.
Auch ein Ort, ein Dorf um genau zu sein, namens Sehlscheid spielt eine große Rolle – wie die Bühne im Theater präsentiert sich Schlußendlich alles hier. Das schwere Leben der bäuerlichen Vorfahren, die Verheiratung, das Gebären und sterben der Frauen. Das ankommen und heimkehren der Männer. die Nach- und Vorkriegszeit, die Verwandlung in ein Dorf erst voller Nationalsozialisten und dann voller Besatzer. Spät einkehrender Wohlstand. All die großen und kleinen Vergehen, Verbrechen, Kuppeleien werden hier aufgeführt. Zwischendurch gibt es immer wieder etwas heftige Szenen die mich als Leserin doch etwas mitgenommen haben.
Es ist schon erstaunlich was alles in diesem Roman erzählt wird und wieviele Personen die Autorin lebendig entstehen läßt. Wie Sie vieles kurz aber prägnant in den Raum setzt, der sich sofort füllt mit inneren Bildern. Richtig gut. Das Ende fand ich erst nicht so glücklich, aber als ich es verdaut hatte mußte ich schon sehr grinsen, wie das Leben eben manchmal so ist, nicht glatt, nicht gradlinig und wenig vorhersehbar.
Ein richtig gelungener Roman und freue mich auf weiteres von der Autorin.
Katharina Born, geboren 1973 in Berlin, deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Herausgeberin. 2007: Literaturpreis Ruhr, 2008: 2. Preis des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises der Stiftung Lesen für eine Rezension in der Jüdischen Allgemeinen, 2008: Georg-K.-Glaser-Preis des Landes Rheinland-Pfalz für die Erzählung Melsbacher Hohl, 2009: Ernst-Willner-Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt für die Erzählung Fifty-fifty, 2010 Jahrestipendium des Landes Niedersachsen
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Bild:
Katharina Born 2010 Copyright: Peter-Andreas Hassiepen
Auf das Buch war ich sehr gespannt. Vor einiger Zeit habe ich auch „Eisenkinder“ gelesen was mir zuerst nicht so gefallen hatte, dann aber Seite um Seite mehr. „Die Mutter meiner Mutter“ habe ich sozusagen gefressen. In 2 Tagen durchgelesen. mich hinein gestürzt, die Geschichte aufgesogen.
Die Geschichte hat im Grunde nicht so viel mit mir selbst zu tun aber irgendwie doch, so als Kriegsenkelin, die hier Parallelen findet zu den Menschen in Ihrem Leben. Solche Geschichten zu lesen, vor allem solche aus dem Osten von Deutschland ist schon auch eine Suche nach eigenen Antworten.
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An sich wäre alles schnell erzählt – ist es aber nicht, es bleibt insgesamt vieles offen auch auf die Frage warum es „Die Mutter meiner Mutter heißt“ anstatt meine Oma oder so. Daran störe ich mich aber nicht, denn um gewisse Dinge erzählen zu können braucht es Abstand zu den Dingen .
Eine Buchhändlerin, die hin und wieder Lesungen anbietet, sprach ich auf dieses Buch an und ob das nicht mal eine schöne Einladung wäre, die Sabine Rennefanz. Die Buchhändlerin meinte, wer will schon zu einer Veranstaltung kommen wo es um die Geschichte der Vergewaltigung der eigenen Großmutter geht. Diese Antwort hat mir ein wenig die Sprache verschlagen, denn dies so auszudrücken wird weder dem Buch gerecht noch der Thematik, die eben soviel weiter greift. Und wenn Sie es schon so auf den Punkt benennen will, wie sehr hat doch Gewalt an Frauen uns alle geprägt? Wie sehr sitzt diese Gewalt in unseren Genen? Wie sehr die Angst und der Schmerz? Und wie wichtig sind deshalb genau solche Bücher? Und wie wichtig ist es dies auch in die Öffentlichkeit zu bringen!
Wenn schlimme Dinge passieren sind diese nicht einfach vorbei, und genau darum geht es in diesem Buch. Das was passiert, ist sehr sehr lange ein Geheimnis und im nachhinein zieht die Autorin vielleicht so etwas wie ein Resümee, im Versuch der Erzählung, die ich immer als ein tasten und suchen empfunden habe, als ein vorsichtig sein, achtsam und bedächtig. Aber genauso finde ich auch einen Willen zur Wahrheit, ein verstehen wollen und sich annähern, genauso wie ein sich neu finden in der Verortung innerhalb der Familienkonstellation, die ja nach dem Lüften des Geheimnisses eine andere ist. Und wie es vielleicht manche Kinder und Enkel von Tätern erleben – dieser Schock, das die geliebte oder gedacht gekannte Person eben auch jemand ganz anderes war.
Was wissen wir Kinder und Kindeskinder schon? Das meiste was wir wissen, wissen wir doch aus den Erzählungen, wenn denn überhaupt erzählt wird. Wieviel wird sich automatisch zusammengereimt aus kleinsten Andeutungen und kleinen Fragmenten um die herum man eine Geschichte wachsen läßt. Vermutlich der Ordnung halber? Oder um sich daran festzuhalten? Um nicht ewig im suchen zu schwimmen?
Wie schwer ist es sich dem Unglück der Vorfahren zu stellen, wie viel schwerer noch sich den Taten der Täter in der eigenen Familie.
Der Großvater kam damals aus der russischen Gefangenschaft zurück… auch einer meiner Großonkels kam von dort wieder, sehr spät, so wie auch der Friedrich Stein, mit dem man schon gar nicht mehr rechnete. Seine Möbel waren verschenkt und in seinem Haus lebten Flüchtlinge…
Sabine Rennefanz scheint mir soviel zu erzählen wie nötig aber nie mehr. Es bleibt viel Spielraum. Es wird viel in Andeutungen geschrieben, nichts schreckliches ausgesprochen. Und ist nicht gerade das die Stimmung die man auch kennt? Und die einem wenig Halt gibt? …die es auch aushaltbar machen.
Die Andeutungen reichen, und sind vielleicht auch gerade gut weil Raum bleibt für die eigene Geschichte. Das sind doch immer die besten Bücher, also die, in denen man sich selbst ein Stück weit wiederfindet. Und auch ist das schlimme doch gerade wenn es einen selbst betrifft, nicht immer gut aussprechbar, zumindest geht es mir so, und das finde ich auch gut so, da es schützt vor einer weiteren Entblößung.
Und eins wird klar, wie sehr die Vergangenheit, auch wenn sie geheim war, unser Leben heute prägt. Die Menschen prägt und die Art wie Sie leben. Ich bin so vertieft gewesen das ich mit meinen Markierungen gerade nicht viel anfangen kann und von daher hier auch nichts zitieren möchte.
Die 3 Töchter von Friedrich weinen zusammen als er gestorben ist – das fand ich sehr ergreifend und schön, die Mutter der Mutter räumt alles aus dem Haus was Friedrich gehört hat…
Das Buch spielt heute und gestern – an beiden Orten könnte man den Eindruck haben das von verschiedenen Personen die Rede ist, doch nur zusammen ist verständlich um was es geht. Es muß ein großer Schmerz gewesen sein für die Autorin, aber ich denke es ist auch sehr sehr heilsam darüber zu schreiben und die Geschichte zu erzählen.
Das Buch hat mich sehr berührt. Die Umschlaggestaltung passt ganz wunderbar und ganz hinten auf dem Einschlag findet sich ein wirklich besonderes Foto der Autorin was ich mir lange angeschaut habe, wir sind fast derselbe Jahrgang. „Die Mutter meiner Mutter“ empfinde ich ähnlich wichtig wie „Die Mittagsfrau„, es läßt sich aber leichter lesen und hinterläßt auch ein bisschen mehr Hoffnung. Diese Bücher sind auch eine Geschichte der Frauen. Und wir Enkelinnen spüren den Schmerz, nicht wie unsere Mütter die verdrängen, abspalten, nicht wissen wollen, so tun als ob und funktionieren, und trotzdem alles an uns weitergegeben haben. Negieren hilft nicht, das ist klar, zumindest uns. Und doch ist gerade das eben auch eine Folge des Traumas das Dinge getrennt sind die ohne das Trauma eine Einheit bilden würden.
Erzählte Geschichte. Die Politik der Kriege und der Unmenschlichkeit, wie Sie sich wiederfindet in den Familien, das wird einem klar mit solchen Büchern. Ich empfinde dieses erzählen als essentiell für die deutsche Identität, auch für die Identität als Frau, denn ich bin auch alle meine Ahninnen, Sie sind alle in mir. Es spielt eine Rolle woher wir kommen.
Letzten habe ich in der Büchererei „Rücken an Rücken“ ausgeliehen. Bis Seite 6x gelesen. Bis zum Zuckergeschenk. Dann habe ich es nicht mehr ertragen. Mich gefragt wozu ich mir das weitere lesen antuen sollte. Ein grausames Buch.
In der Berliner Zeitung findet sich ein aufschlußreiches Interview zu diesem Buch und der damit zusammenhängenden Familiengeschichte von Julia Franck.
Und in der Frankfurter Allgemeinen eine Rezension, der ich nur bedingt zustimme, vorallem im Vergleich zum Roman „Mittagsfrau“.
Selten gibt es Bücher die ich nicht lesen kann. Und dies ist eines davon.
„Die Mittagsfrau“ ist sicher auch keine leichte Lektüre. Aber die Hauptfigur wird einem nach und nach immer verständlicher. Der Leser/ die Leserin wird Stück für Stück an DEN Moment herangetragen. Die Tat um die es geht ist mir verständlich. Ihr sind viele viele Taten, Ereignisse und Momente vorrangegangen. Die Mittagsfrau ist ein unglaublich gutes Buch. Aber ja, es ist auch zutiefst traurig, grausam und erweckt trotzdem ein tiefes mitfühlen.
Gerade fertig gelesen. Ich habs verschlungen. Endlich mal wieder die Freude ins Bett zu gehen, denn dort wartete die Geschichte auf mich. Ein sehr vielschichtiges Buch, weil es aus der Sicht verschiedener Personen erzählt, bzw. über diese verschiedenen Personen. Ein Todesfall, von einem Vater, der eigentlich nie ein richtiger Vater war. Die Geschwister untereinander und Ihre sehr verschiedenen Lebenswege.
Besonders hat mir die Geschichte des ehemaligen Lieblingskindes was später aus dem Umkreis der Familie flüchtete gefallen. Hier wird viel von der Wüste erzählt und von Arbeiten verschiedener Landartkünstler, die ich schon immer spannend fand.
Am Ende hätte ich gern noch mehr erfahren über das Leben der Geschwister. Die Mutter kommt leider etwas sehr kurz, direkt aus Ihrer Sicht erfährt man leider nichts, und auch viel zu wenig über Sie. Dafür aber genug über den Vater, auch genug um eben das Verhalten der Geschwister verstehen zu können.
Vielleicht keine hohe Literatur, aber spannend und interessant und gute Unterhaltung, trotz Todesfall nicht allzu traurig.
Vor einigen Jahren habe ich das Buch „Himmelskörper“ von Tanja Dückers gelesen. Mit diesem ging es mir ähnlich. Und auch das kann ich empfehlen.
Auch dieses Buch war/ist ein sogenannter Generationenroman. Hier geht es allerdings nochmehr um die Aufarbeitung der Vorgeschichte speziell um die Nazizeit. Da die Hauptfigur so eine Art Wolkenforscherin ist gibt es wunderbare erzählerische Stillleben und Vergleiche dazu.