Kino: Der Film Corsage – über Kaiserin Sisi

Das Jahr 1877, die Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn nähert sich ihrem 40. Geburtstag. Die meisten kennen die alten „Sissi“ Filme über ihre Jugendjahre und die arg romantisierte Darstellung ihrer berühmten Person. Noch bekannter und beliebter als Mozart in Österreich.
Nach dem Trailer zum Film hat es mich gepackt, ich bin Fan von Vicky Krieps, sie ist für mich ein Garant für spannende Interpretationen und Darstellungen, die nicht im Mainstream mitlaufen.

Die ältere Sisi in „Corsage“, ist eine bewegte Frau. Wo es möglich ist, da geht sie auf Reisen. Sie spricht viele Sprachen. Sie hält sich fit, treibt Sport, fechtet, reitet, und das alles sehr gut. Im Gegensatz dazu die Corsage, das Korsett ihrer Geburt, Heirat, ihres Status, und die langen langen Haare, ihr Erkennungszeichen. Diese werden im Film noch eine besondere Rolle spielen.
Ihr „unterwegs sein müssen“ wirkt wie der Kampf gegen die Anspannung, die durch den engen Käfig ihres Daseins entsteht. Sie nutzt, was ihr möglich ist, fordert es auch ein. Sie ist in ihrem Rahmen eine emanzipierte Frau, bleibt aber immer auch eine Herrscherin, was im Umgang mit ihrer Gesellschafterin und der Dienerschaft klar wird.
Die Pflichten des Kinderkriegens sind erfüllt und sie mag immer weniger das schmückende Beiwerk sein, nach nun einem 1/4 Jahrhundert der Präsenz. Sie mag ihn nicht, den öffentlichen Blick auf sich, der immer auch mit einem Urteil einhergeht. Und es ist historisch belegt, dass sie sich immer weiter zurückzog aus der Öffentlichkeit und meistens stark verschleiert auftrat. Dieser Teil der Geschichte bewegt die Regisseurin zu einem Spiel mit der Erzählung über Sisi, dessen Frechheit großartig ist, aber auch nur für Sisi.

Es war nicht ganz so überraschend, dass ich fast allein im Kino saß. Scheinbar entspricht mein Filmgeschmack nicht dem der Masse. Dabei wurde der Film schon ausgezeichnet. Es ist aber durchaus schön, so was wie eine Privatvorstellung zu bekommen.

„Corsage“ ist wie gemacht für das Kino. Die Nahaufnahmen, die großartigen Bilder und vor allem den starken Soundtrack kann man so nur im Kino genießen.

Dieser Film hat eine ganz besondere Farbigkeit, kein Film, bei dem die Sonne scheint. Eher wie ein diesiger Tag, mit einem blaugrauem Schleier, zwischendurch schimmert auch etwas Sommerliches durch. Die Bilder erzeugen einen Ton, mit dem ich eine gewisse Müdigkeit verbinde, Langsamkeit, ein Zeit haben, in die Zeit hineinleben. Sisi liebt die Natur, hat große Hunde, ein Lieblingspferd, ist gerne draußen hat Lust auf ein wenig Abenteuer.

Die Gebäude und Räume im Film sind alt und abgewohnt, fast verfallen, Risse in den Wänden, eine ganz eigene Ästhetik. Sie haben etwas Ruinenhaftes, zerbrechliches – bis auf wenige Gemächer des Kaiserpaares, jeder hat seine eigenen Räume. Generell treffen die beiden sich selten. Und selbst diese Räume scheinen irgendwo am Ende eines düsteren vergessenen Ganges zu liegen, ein einsamer Diener vor der Tür. Das Haus als Symbol für das Ich oder die Monarchie?
Sisi arbeitet an gegen den Verfall, will geistig und körperlich beweglich bleiben. Isst kaum, die Corsage muss eng geschnürt werden, sie will das ihr Körperumfang beständig gemessen wird, Kontrolle. Und gleichzeitig ist sie sich aber sehr bewusst über ihr Alter und darüber, dass sie beständig beobachtet und beurteilt wird – beliebt ist sie nicht. Freunde scheint sie nicht weiter zu haben, aber eine enge Verbindung zu ihrer ersten Hofdame, die später noch eine wichtige Rolle spielt. Der einzige wirklich vertraute Freund scheint ihr Großcousin König Ludwig II. von Bayern zu sein. Beide sind sie unkonventionell und einsam.
In vielen Andeutungen und kleinen Szenen wird deutlich das Elisabeth sich nach Nähe sehnt, nach Vertrautheit, Körperkontakt, aber es gibt eigentlich keine großen Möglichkeiten dafür. Ein schmerzhaftes Kapitel.
Dann sind da noch ihre Kinder, zumindest ihr erwachsener Sohn, und die jüngste Tochter werden gezeigt. Die Tochter, die immer wieder auftaucht, im immer gleichen Gewand, mit unfrisierten Haaren, wie ein Geist scheint sie mir. Das Kind hat seine Position verinnerlicht und kennt die der Mutter, weist sie daraufhin. Sisi liebt ihre Tochter sehr, das wird deutlich, aber sie darf wenig bestimmen, und sie nicht mitnehmen auf Reisen. Der Kontakt ist spärlich. Das Kind mehr am Hof zu Hause als die Kaiserin selbst.

Die Filmmusik ist grandios, wirklich gelungen. Erst einmal fremd, man stutzt in gewisser Weise, moderne Musik in einem Film der im vorletzten Jahrhundert spielt. Aber die Melodien und Stimmen passen so großartig zu dieser Sisi, und unterstützen die ganze Atmosphäre des Films auf so wundervolle Weise. Marie Kreutzer die Regisseurin sagt dazu, da die Musik zwar modern ist, aber so gespielt wird das sie auch Musik von damals sein könnte. Ich hätte mir gern sofort den Soundtrack gekauft, er ist für mich fest verbunden mit dieser eigensinnigen Figur der älterern Sisi.

Ja, sie ist besonders diese Sisi, sie ist groß (größer als ihr Mann), und stark, auf der Suche, neugierig, offen, wild, aber sie ist auch einsam und verlassen, ganz für sich. Eine Frau in einer hohen Position, aber in dieser Rolle immer den Männern und der männlichen Welt untergeben, was sie allerdings nicht unbedingt anerkennt. Sie hat ihre Art sich hier und da zu entziehen. Ganz besonders in einer Szene mit ihrem erwachsenem Sohn wird das schmerzlich deutlich.

In vielen Kleinigkeiten wird angedeutet, dass sie eben „nur“ eine Frau in einer Männerwelt ist. Es passt nicht zu ihr. Sie mag nicht die sein, die nur als Schmuckstück fungiert, und sie ist einfach soviel mehr als das, was von ihr erwartet wird, so klug und wissbegierig. Sie hat die Erwartungen satt. Aber auch nach 25 Jahren Ehe weist ihr Mann sie hier im Film darauf hin, dass sie nur eins ist und auch nur danach ausgesucht wurde, seine Frau, als Repräsentantin. Sie, die raus will aus der Starre des Hofes, es nur noch unerträglich findet.

Zwischen Realem wird es bisweilen surreal und schräg, und das ist auf jeden Fall ein Bonmot des Films. Und das Ende treibt es auf die Spitze, mit einer überwältigenden Szene und einer großartigen Abschlussszene, die ganz allein Vicky Krieps und ihrer Figur der Sisi gewidmet ist, einer kraftvollen Frau, die die Freiheit sucht und jedes Stück davon, was sie bekommt, auch nutzt.


Bei Youtube findet sich eine großartige Doku zu Sisi von 1992
https://www.youtube.com/watch?v=fx6xptN7WGY

Hier gibt es noch einen schönen Beitrag vom Filmfestival München
https://www.youtube.com/watch?v=5lUBE6HEf34

Hier findet man relativ kurz zusammen gefasst wie Sisi „wirklich“ war – im Gegensatz zu den romantischen Filmen, vieles davon findet sich in der neuen Verfilmung wieder:
https://www.kinderzeitmaschine.de/neuzeit/nationalstaaten/lucys-wissensbox/beruehmte-frauen/sisi-die-unglueckliche-kaiserin-von-oesterreich-ungarn/

Die Regisseurin Marie Kreutzer
https://www.epd-film.de/themen/interview-marie-kreutzer-ueber-ihren-film-corsage

Vicky Krieps zum Film
https://www.ndr.de/kultur/film/Corsage-Vicky-Krieps-ueber-Sissi-und-Hannover-als-Stadt-der-Sehnsucht,vickykrieps100.html

Die Musikerin
Camille ist eine französische Sängerin und wird stilistisch dem Nouvelle Chanson zugeordnet.


Regie: Marie Kreutzer
Drehbuch: Marie Kreutzer
Kostüm: Monika Buttinger
Kamera: Judith Kaufmann
Schnitt: Ulrike Kofler
Musik: Camille


weitere interessante Seiten
https://www.buergerleben.com/7-geheimnisse-von-kaiserin-sisi-2-2/
https://geschichte-wissen.de/blog/kaiserin-elisabeth-von-oesterreich-sissi/

Textprojekt Körper: Meine Hülle

Es müssen nicht einmal so unerhörte Dinge sein, wie „nimm Dir doch bitte nen Strick“. Es reicht schon, wenn mir gesagt wird „Dein Popo hängt.“, „Du hast aber viele Haare an den Beinen.“, „Du hast Waden wie ein Elefant.“, „Du gehst aber komisch.“, „Deine Haare sind zu kurz.“, „Schön bist Du ja nicht…“

Mag ja sein. Muss ich mich deswegen falsch fühlen? Nein.

Tu ich‘s trotzdem? Ja. Zumal mir vieles schon als Kind gesagt wurde.

Hat ne Menge Arbeit gekostet und tut es hin und wieder immernoch. Mittlerweile zieh ich wieder kurze Hosen an. Ich hatte kurze Haare, egal was die anderen denken. Wobei auch die nie so richtig egal waren. Traurig machte es mich hin und wieder trotzdem, wenn mir als erstes gesagt wird „oh mein gott, Deine Haare…“, anstatt „Wie gehts Dir?“

Ja, mag ja sein, dass es krass aussah und einen zunächst an Krankheit oder sowas denken lässt. Aber bitte, das ist etwas Erlerntes, kein eisernes Gesetz. Kurze Haare zu haben ist toll!

Es braucht sooooo viel Positives um solche „mal“ gehörten Sätze wieder auszugleichen. Es ist soooo schwierig, zu lernen, dass man ok ist.

Selbst wenn nahestehende Menschen einem nette Dinge sagen, bleibt ein: Ja, ist ja schön, dass Du das so siehst, aber all die andern finden mich hässlich.

Deswegen kann man es gar nicht oft genug sagen. Ich bin mehr als meine Hülle. Und meine Hülle ist klasse. So.

© Miri Glowinski


Miri hat nicht nur tolle Frisuren und viel Humor sondern auch noch einen riesigen Hund mit Langhaarmähne.
https://glowinsky.jimdo.com/office
Ich kenn diese Sprüche auch, ich hab eine zeitlang nur ein paar Milimeter kurze Haare gehabt. Mein Opa fand es cool. Und ich hab gern drübergestreichelt, über den Igelschnitt.
Wer was kritisieren will findet immer was. Aber wie wäre es denn einfach mal mit einem Kompliment?


Magst auch du eine Geschichte/ein Thema beisteuern? Ich fände es toll. Noch bis Ende August kannst du etwas einreichen. Im Hintergrund entstehen noch einige Texte. Ich freu mich schon drauf.
Schreib einfach an madameflamusse@googlemail.com, gern können wir auch über deinen Text und dein Thema sprechen wenn du magst.


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Körpermeer
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Sara
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Öffentliches Eigentum
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Bikinifigur
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Haarig
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In den Körper wachsen
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Lieber Körper
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Textprojekt Körper: Haarig

Als ich im Jahr 2004 begann, mir die Beine und Achseln zu rasieren, war das unter Mädchen bereits ein ungeschriebenes Gesetz. Es war einfach so. Es gehörte dazu. Niemand dachte wirklich darüber nach warum es so ist, man tat es einfach. Das ist jetzt fast zwanzig Jahre her. Sexuell aktiv wurde ich erst später, mit 19 Jahren, und damit begannen die Enthaarungsprobleme. Ich wusste, dass von Frauen erwartet wurde, komplett haarfrei zu sein. Das war schon damals die verbreitete Botschaft der Medien und der Werbeindustrie. Die Frauen im Schwimmbad, in der Öffentlichkeit, genauso wie im Fernsehen waren allesamt haarfrei. Die einzige Körperstelle an der Haare erwünscht waren, war der Kopf. Diese „Normalität“ hatte ich, obwohl noch ganz unerfahren, bereits verinnerlicht. Also rasierte ich mir zum ersten Mal den Intimbereich. Nicht, weil mich die Haare wirklich störten, sondern weil ich alles richtig machen wollte. Gefallen wollte. Sexy sein wollte. Dass die anderen Frauen es genauso machten, bestätigte mich in dem Glauben, es müsste so sein, es würde zum Frausein dazu gehören. Man hätte keine Wahl.
Damit nahm der Kampf gegen Hautirritationen, Juckreiz und die netten kleinen Entzündungen, die durch das Rasieren oder Ausreiẞen der Haare entstehen, seinen Lauf.

Meine Teenagerzeit liegt schon ein paar Tage zurück und ich musste tatsächlich erst die magische 30 überschreiten, um mich dafür zu entscheiden, meine Körperhaare nicht mehr ständig (fast täglich) zu rasieren. Es ist ein Thema, das bis heute vor allem jugendliche Mädchen und junge erwachsene Frauen beschäftigt und nur selten hinterfragt wird. Die wenigen, die sich dem Enthaarungszwang verweigern, werden mindestens (vor allem im Sommer) mit schiefen Blicken belästigt, wenn nicht sogar mit Anfeindungen und Beleidigungen. Selbst von Frau zu Frau findet die gegenseitige Bewertung und Abwertung statt. Die meisten Mädchen und Frauen haben diesen Hass von Männern übernommen und hinterfragen ihn lange Zeit nicht, manche auch niemals.

Das Internet war schon früher voller Tipps und Tricks, die angeblich gegen Probleme bei der Enthaarung helfen sollten. Der Tipp, die Haare einfach nicht zu entfernen, sondern z. B. nur zu stutzen, tauchte nirgendwo auf. In meinen längeren Beziehungen (zu anderen Frauen) stellte sich dann zum Glück irgendwann eine Art Rasier-Bequemlichkeit ein, weil beide insgeheim genervt von den ständigen Enthaarungen waren. Das hätte aber weder ich noch die jeweils andere je zugegeben. Haarstoppeln zu akzeptieren kam einem wie etwas Verbotenes vor oder zumindest etwas, was sich nicht gehört, weil es gesellschaftlich nicht akzeptiert war. Fast entschuldigend und rechtfertigend fielen verschämte Sätze wie „Tut mir leid, ich bin nicht frisch rasiert.“ … ironischerweise war die ernst gemeinte Antwort dann meist „Das macht doch nichts, ist mir egal. Ich auch nicht.“ Spätestens hier hätte der Groschen fallen können. Es ist egal! Aber die Manipulation über Jahre hatte ganze Arbeit geleistet. Ein Gefühl des Unwohlseins stellte sich ein, wenn man sich nicht glatt rasiert zeigte. Manche Frauen entwickeln dadurch sogar einen richtigen Ekel vor sich selbst, vor den eigenen Haaren. Empfinden sie als unhygienisch. Einfach mit dem Enthaaren aufzuhören, scheint gar keine Option zu sein. 
Irgendwann stellte ich fest, wie ich es in Singlezeiten (und Zeiten ohne Dating) genoss, mich einfach gar nicht zu rasieren oder eben nur bei Gelegenheit, alle paar Wochen oder alle paar Monate. Kein Jucken, kein unerträgliches Stechen beim Nachwachsen der Haare, wenn man eine enge Jeans trägt, im Büro sitzt und sich kaum auf die Arbeit konzentrieren kann, weil man sich vorgestern babyglatt rasiert hat und jetzt die Quittung bekommt. 

Warum ist die Komplettrasur für Frauen in der westlichen Welt überhaupt zu einem solchen Zwang geworden? Die Ursache liegt der Pornografie und damit meine ich nicht nur unsere heutige, überall verfügbare Pornografie, sondern bereits die Anfänge in weit zurück liegenden Jahrhunderten, kulturübergreifend. Erwachsene Frauen, die das Zeichen ihres Erwachsenseins, nämlich die Körperhaare, entfernen sollen, um kindlicher und damit hilfloser für Männer auszusehen. 

Inzwischen habe ich das Selbstbewusstsein, mich nur noch selten und im Intimbereich gar nicht mehr komplett zu rasieren, doch um an diesen Punkt zu gelangen war über ein Jahrzehnt der Quälerei und der Schmerzen nötig. Bis heute ist das Thema auch für mich leider präsent. Beim Dating, einem neuen Kennenlernen, weiẞ man nie, wie das Gegenüber zu dem Thema steht. Risiko. Mich verunsichert das heute nicht mehr so wie früher, weil ich inzwischen denke „akzeptiere meinen Körper wie er ist oder verschwinde wieder“ … aber an diesen Punkt zu kommen war ein langer Prozess. Doch es ist möglich und es bedeutet Freiheit und (mehr) Gesundheit. Darum möchte ich jedes Mädchen und jede Frau ermutigen, sich selbst und das eigene Verhalten zu hinterfragen. Warum rasiert man sich den ganzen Körper? Weil man sich selbst damit wohl fühlt? Weil man die Nebenwirkungen in Form von Juckreiz und Schmerz als notwendig hinnimmt? Nicht vielleicht doch eher, weil es erwartet wird, weil andere es wollen oder der Partner es gar voraussetzt? Selbstakzeptanz kann man genauso lernen wie die perfekte Rasur … und es ist im Gegensatz zu Rasierern, Schaum und Enthaarungswachs sogar gratis. Es muss sich nicht jede Frau vollständig gegen Enthaarung entscheiden, aber es ist wichtig, ein Bewusstsein zu entwickeln, warum man etwas macht und es bleiben zu lassen, wenn es einem schadet.

© Selena Broens


Selena hat schon zwei Bücher geschrieben, aktuell ist „Radfem“ erschienen, ein Buch zur Frauenbewegung und dem Feminismus in den aktuellen Debatten. Shaut mal vorbei:
https://www.selena-broens.de/


Haare, Haare, Haare, wer von uns hatte dieses Thema noch nicht. Fühlst du dich gezwungen zur Rasur? Oder nimmst du dir die Freiheit raus auch mit Haaren durchs Leben zu gehen? 😉

Hast du auch ein Thema mit deinem Körper welches dich beschäftigt? Einen Rat für Andere? Etwas auf was du gern aufmerksam machen würdest oder was dich beschäftigt? Dann mach doch mit und reiche auch einen Text ein.


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Textprojekt Körper: Bikinifigur

Von der Bikinifigur* bin ich weit entfernt. Darum kaufe ich mir keine Bikinis und ziehe auch keine mehr an. Ich fahre mit dem Rad zum See, in den FKK-Bereich und schwimme nackt. Das spart auch die Frage, ob ich nach dem Schwimmen den nassen Bikini ausziehe und einen trockenen an. In der Badetasche ist auf diese Weise mehr Platz für ein Buch.

Wenn ich an anderen Seen die jungen Frauen in ihren Bikinifiguren, mit der feuchten Badebekleidung und dem Handtuch, dass sie um sich geschlungen haben, um ihren Körper vor den Blicken anderer zu verstecken, ringen sehe, denke ich: „Da haben sie nun den begehrten, angestrebten, jugendlich, elastisch, schlanken Körper und ziehen sich doch so schamvoll um, damit ihn niemand sieht. Dann breite ich mein Laken aus, lasse ein Teil nach dem anderen darauf fallen, allen, die mich dabei beobachten, mute ich meinen Körperanblick zu: Schaut, so sieht ein Körper auch aus! Und so sieht deiner, ihrer, seiner, so der einer 80-Jährigen da drüben, so unterschiedlich! Und alle Körper schwimmen in dem See.

Ich denke an eine Freundin, die als Jugendliche im Schwimmkader war, immer gut und gerne geschwommen ist. Sie wohnt in der Nachbarschaft eines wunderschönen Badesees und geht seit Jahren nicht schwimmen, weil sie ihr Kleid nicht ausziehen mag. Sie schämt sich ihrer gedellten und vernarbten Oberschenkeln. – Einer Spur ihrer Geschichte. Eine Folge eines Motorradunfalls vor vielen Jahren. Spuren von gelebten Leben. Wie auch an meinem Körper: die Narben der Entbindung meiner Kinder. Sie haben Gewebe unter der Haut wuchern lassen und damit Faltungen und Ausstülpungen unterm Bauch über dem Venushügel gebildet. Die ließen sich unter Kleidung verstecken. Aber ich gehe mit ihnen schwimmen, ob sie nun jemand sieht oder nicht sieht. Ich sehe sie ja täglich vor dem Spiegel, werde sie immer sehen und spüren. Warum soll ich der Welt vorenthalten, dass ich verletzt wurde, dass ich Narben habe? Mein Körper zeigt sie. Während meine Seele sie versteckt. Heilen können beide nur durch Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit vom mir und von anderen.
©Schreibwolf


* Bikinifigur und Strandkörper sind Bezeichnungen für Schönheitsideale, die vorwiegend in Lifestyle- und Fitness-Magazinen,    Frauenzeitschriften und Boulevardzeitungen in Artikeln über Fitnesstraining und Diäten zur Gewichtsreduktion verwendet wird. (wikipaedia.org)

*** Bikinifigur = Ein Körper mit einem Bikini bekleidet. (meine Definition)

von: Der Schreibwolf: https://derschreibwolf.wordpress.com


Ich muss sagen, ich finde mich echt in jedem Text irgendwo wieder, und das ist so großartig. Wie geht es dir damit?

Es besteht die Möglichkeit mit deinem eigenen Text dabei zu sein. Meld dich gern bei Interesse.
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Textprojekt Körper: Öffentliches Eigentum

In den letzten Wochen hat mich eine Frage sehr beschäftigt, eine sehr wichtige Frage, deren Antwort eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Wem gehört mein Körper? Mir selbst? Ich bin mir da nicht so sicher.

Ich fühle mich nicht frei in meinem Körper. Dabei sind wir doch heute angeblich so frei, zumindest in Industrieländern. Hier kann ich meinen Körper immerhin zur Uni bewegen, oder überhaupt alleine nach draußen. Aber soll es das wirklich schon gewesen sein? Wissen wir überhaupt, was Freiheit ist? Die Antwort auf diese Frage ist lang und kompliziert. Jede und jeder muss seinen eigenen Weg zur Wahrheit finden. Das hier ist ein kleiner Ausschnitt meines Wegs zur Wahrheit.

Ich bin ein Lebewesen, das theoretisch Kontrolle über seinen Körper hat. Ich bin in der Lage, Arme, Beine, Hände und Zehen zu bewegen – wenn ich aber etwas Falsches damit anstelle, muss ich mit Konsequenzen rechnen. Diese können ganz unterschiedlicher Natur sein. Wenn ich von einem Gebäude springe, werde ich je nach Höhe ziemlich sicher sterben oder mir „nur“ sämtliche Knochen brechen. Es gibt aber auch Konsequenzen anderer Art. Sie sind viel subtiler. Wenn du nicht das Pech hast, tatsächlich angegriffen zu werden, merkst du vielleicht nicht einmal, dass du zerbrichst, denn es passiert langsam in deinem Inneren. Ich spreche von deiner Seele.

Wenn ich an meine Kindheit denke, fallen mir viele Sachen ein. Es gibt aber wenig, das mich so nachhaltig geprägt hat, wie die ständige Dauerbeschallung mit konservativen Werten und den Erwartungen, wie man als Mädchen oder Frau in einer bayerischen Kleinstadt eben zu sein hat. Ich bin mit sehr viel Slut-shaming aufgewachsen. Es ist wahrscheinlich wirklich die eine Sache aus meiner Kindheit, die mir am lebhaftesten in Erinnerung geblieben ist. Trotzdem habe ich Jahre gebraucht, um zu verstehen, wie traumatisch diese Erfahrungen tatsächlich waren und wie sich mich als Person beeinflusst haben. Zum Beispiel bin ich früher gern abends spazieren gegangen. Ich hab es geliebt und noch lange gemacht, nachdem ich ausgezogen bin. Der einzige Grund, aus dem ich aufgehört hab, ist, dass ich in eine Gegend ziehen musste, in der ich mich nicht mehr so sicher fühle – aus verschiedenen Gründen. Jedenfalls begann ich damit als Jugendliche. Ich fand die Dunkelheit sehr beruhigend und friedlich. Sie half mir damals, den „Explosionen“ (so nannte ich seine Ausbrüche damals) meines toxischen Vaters zu entkommen.

Apropos toxische Väter, meiner begann schon sehr bald damit, mir vorzuwerfen, ich würde „es darauf anlegen“, was so viel hieß wie, dass ich angegriffen werden wollte, denn mir hätte ja im Dunkeln jemand folgen können. Er ging sogar so weit, dass er anderen Leuten davon erzählt hat, auch wie dumm ich sei, dass ich es „darauf anlegte“, was meines Erachtens noch viel gefährlicher ist als ein Spaziergang nach 19 Uhr. Sein Verhalten hat mich wirklich verletzt, aber ihn zu konfrontieren, hat alles nur schlimmer gemacht. Er war absolut überzeugt davon, dass ich verzweifelt vergewaltigt werden will.

Dies war aber nicht das einzige, das ihn dazu bewegt hat, so etwas zu sagen. Die Art, wie ich mich kleidete – oder Frauen generell – konnte ihn sehr, sehr wütend machen. Ich war nie die Sorte Teenager, die viel Haut gezeigt hätte, aber als ich mein kurzes schwarzes Kleid zur Geburtstagsparty meiner Schwester trug – holy shit! Der Rock war ihm etwas zu kurz, also hab ich es OFFENSICHTLICH wieder darauf angelegt – die einzig mögliche Erklärung, wieso eine Frau ein Kleid tragen würde, das über den Knien endet.

Jetzt denkst du vielleicht, er war ja nur ein besorgter Vater, der nicht wusste, wie er seine Sorgen anders ausdrücken soll? Nein, einfach nein, und zwar deshalb:

  1. Die meisten Opfer von Missbrauch kannten ihre Täter vorher. Die „Verrückten“, die hinter Bäumen und Büschen lauern, gibt es zwar auch, aber sie sind viel seltener, als die meisten Leute denken. Das heißt, er hätte sich von vornherein gar nicht so viele Sorgen machen müssen.1

Er hätte sich mal mehr Sorgen über seinen komischen Kumpel machen sollen, der meine Mutter belästigt hat, als ich ein Kind war (den er immer noch eingeladen hat, obwohl er wusste, was passiert war – witzig, oder?).

  1. Wenn mir irgendwas passiert wäre, hätte ich nicht die Person sein sollen, die dafür verantwortlich gemacht wird. Ich wäre ein Opfer gewesen. Es sollte nicht von Bedeutung sein, was jemand getragen oder nicht getragen hat. Nein heißt Nein!
  2. Anderen Leuten zu erzählen, dass die eigene Tochter missbraucht werden will, gehört wahrscheinlich zu den unverantwortlichsten Dingen, die man als Eltern tun könnte. Was zum Fick!? Vor allem, wenn man bedenkt, dass mein Vater mit jemandem befreundet war, der bereits auffällig geworden war und somit offensichtlich keine Selbstkontrolle hatte.

Wenn ich darüber nachdenke, werde ich traurig. Es ist verletzend genug, als dumm abgestempelt zu werden (eine weitere Sache, mit der Frauen ständig zu tun haben), aber noch viel verletzender, solche Vorwürfe an den Kopf geworfen zu bekommen, und noch dazu zu wissen, dass man sich niemals an die eigenen Eltern wenden könnte, sollte es einem tatsächlich mal passieren. Denn man kann sich eben nicht schützen. Ich verstehe nicht, wie man so sein kann. Die einzige logische Erklärung, die mir einfällt, ist, dass mein Vater Frauen als sexuelle Objekte sieht, die keine Kontrolle über ihre eigenen Körper haben sollten. Das klingt vielleicht erstmal extrem, aber warum sollte jemand so denken, außer er sexualisiert Frauen selbst permanent? Es ist ja nicht so, als gäbe es gesellschaftliche Bestrebungen, davon wegzukommen. Im Gegenteil, das ständige Sexualisieren von Frauenkörpern wird noch bestärkt, siehe zum Beispiel in der Werbung.

Diese Erfahrungen hatten definitiv Einfluss darauf, wie ich mich in Bezug auf meinen Körper fühle – und Männer. Ich habe das viele Jahre nicht gemerkt. Ich wusste, dass ich ein Problem hatte, aber konnte nicht sehen, wo die Wurzeln lagen und welcher Natur das Problem war. Ich habe Männer als Kind schon als Autoritätspersonen gesehen. Ich habe sie als stark und kalt wahrgenommen, während Frauen nett und weich waren. Männer waren diejenigen, die geurteilt haben, vielleicht sogar bestraft – Frauen waren diejenigen, die einem noch eine zweite Tafel Schokolade gekauft haben, wenn der Mann gerade nicht hinsah.

Trotzdem habe ich nie verstanden, wie das als Erwachsene einen Einfluss auf mein Sexleben haben könnte. Es ist ja nichts passiert, oder? Niemand hat mich vergewaltigt.

Es wäre allerdings naiv anzunehmen, dass es nicht schädlich sei, solche Dinge immer und immer wieder zu hören, während man aufwächst. In meinem Fall führte es zu einer ständigen, unbewussten Angst vor Männern. Ich habe keine Angst vor Männern im Allgemeinen, ich kann mit ihnen befreundet sein, mich unterhalten und zusammenarbeiten. Wenn ich aber kurz davor bin, mit einer neuen Person Sex zu haben, kann ich mich einfach nicht entspannen. Irgendein Teil von mir ist absolut davon überzeugt, dass mir der Typ vor mir wehtun wird, auch wenn er eigentlich ziemlich nett ist. Ich kann es nicht einmal richtig erklären. Es ist eine tief verwurzelte, existenzielle Angst, fast als wäre ich kurz davor, mit einem wilden Tier zu schlafen. Nackte Männer machen mir eine scheiß Angst! Das macht mich sehr traurig, denn ich liebe Sex! Es sollte definitiv etwas sein, das ich genießen kann.

Unglücklicherweise hat mich meine Angst noch nie davon abgehalten, mit jemandem zu schlafen – egal wie oft die Männer mich gefragt haben, ob es wirklich okay ist, nachdem ich vor ihnen geheult hatte. Viele Frauen werden emotional, wenn sie mit jemandem intim werden. Das muss nicht zwangsläufig heißen, dass sie irgendein Trauma haben, man lässt immerhin jemanden sehr nah an sich ran, was im Alltag eher selten passiert. In meinem Fall war das allerdings definitiv ein Warnsignal. Immer.

Ich ignorierte meine Angst und machte weiter. Ich wusste nicht, wie man Nein sagt. Theoretisch wusste ich, dass niemand etwas tun sollte, das er oder sie nicht will, aber das machte es mir nicht einfacher, Grenzen zu setzen. Ein Teil von mir hatte das Gefühl, den Männern das, was sie wollten, schuldig zu sein. Manchmal fühlte ich mich danach furchtbar und benutzt, in den meisten Fällen fühlte ich mich aber gut – nicht weil ich Spaß gehabt hätte, sondern weil ich Bestätigung bekommen habe. Ein Mann findet mich gut! Jackpot!

Ich weiß nicht, wie Sex mit jemand neuem heute für mich wäre, denn ich bin inzwischen schon eine ganze Weile in einer monogamen Beziehung. Ich weiß nur, dass es einer Menge Frauen so geht, mehr als wir gerne denken, und die einzig logische Erklärung, die mir dazu einfällt, ist, dass weibliche Körper so eine Art öffentliches Eigentum sind. Natürlich gibt es Gesetze, die besagen, dass Vergewaltigung verboten ist, und trotzdem gibt es eine Menge Männer, die nie verurteilt wurden und Frauen, denen entweder nicht geglaubt oder die Schuld gegeben wird für das, was ihnen passiert ist. Manchmal ist es fast, als wären wir nur so etwas wie Wächterinnen über unsere Körper, bis jemandem danach ist, einen zu benutzen, und wir in den Hintergrund treten.
Ich sage nicht, dass jeder einzelne Mann auf der Welt so denkt, aber sehr viele Frauen denken so, unbewusst, denn Frauen haben keine Kontrolle über ihre Körper. Wenn sie sich entscheiden, etwas zu tun, dass die Männer (oder auch konservativen Frauen) um sie herum nicht gut finden, hat das Konsequenzen. Wenn sie sich weigern, etwas zu tun, na ja, hat das manchmal auch Konsequenzen. Die ganze Situation ist absurd und nur noch erbärmlich.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir im Laufe unserer Erziehung alle zu einem gewissen Grad gebrochen werden. Ich werde abhängig gemacht. Zwar haben wir in Deutschland heute nicht mehr das Problem, keinen Zugang zu Bildung zu haben (vorausgesetzt die soziale Herkunft stimmt, aber das ist ein anderes Thema), aber wir sind abhängig von den Meinungen der Gesellschaft, insbesondere der Männer. Wenn wir aus der Reihe tanzen, haben wir es unter Umständen mit Benachteiligung, Mobbing, Slut-shaming, Ausschluss aus der Familie, Belästigung, im schlimmsten Fall Femizid zu tun. Die Liste ist lang. Das heißt aber nicht, dass das so bleiben muss!
Wenn wir uns das Problem bewusst machen, können wir etwas tun – zumindest zu einem gewissen Grad. Überlegt euch immer sehr gut, wen ihr wählt, unterschreibt Petitionen, teilt Artikel zum Thema… Manchmal bringen auch kleine Veränderungen schon viel. Tatsächlich trage ich in diesem Moment eine Vulva-Kette als Akt der Rebellion. Ich liebe meine Vulva genauso wie ein Mann seinen Penis. Durch sie fühle ich mich gut und das reicht. Ich bin noch nicht vollständig geheilt von meinem Trauma, ich habe immer noch eine Menge Probleme, aber kleine Dinge wie meine Kette sind unglaublich hilfreich, denn sie sagt mir jeden Tag: „Dein Körper gehört eigentlich dir, und du hast eine großartige Pussy!“
Kleiner Nachtrag: Als ich diesen letzten Satz geschrieben habe, war er mir zunächst peinlich, er erschien mir fast absurd. Aber seht euch mal um: In Bezug auf Männer geht es ständig darum, wer den besten oder größten Cock hat, und sei es auch nur als Scherz gemeint. Wenn eine Frau etwas Ähnliches über ihre Vulva sagt, wird es als „weird“ empfunden. Tja, mir egal.

©Xenia


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Lieber Körper
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Geschichte des Tattoos

Jérôme Pierrat, Chefredakteur eines französischen Tattoomagazins, stellte fest, dass es immer mehr Tätowierer gab, und das interessierte ihn wohl genauer. Von ihm ist der Text in diesem Buch, gezeichnet wurde das Comic von Alfred. Mich haben Tattoos schon immer fasziniert, und mich hat immer interessiert welche Bedeutungen jeweils dahinter steckten.

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Sich ein Tattoo stechen zu lassen ist ziemlich schmerzhaft, aber das hält die Leute nicht davon ab, im Gegenteil oft wird dieser Schmerz als eine Art Initiation wahrgenommen. In einer Zeit und in Kulturen, wie der unseren, wo Traditionen fehlen, vielleicht eine neue Art eines Ritus? In verschiedenen Kulturen gab es schon immer ganz bestimmte Tattoos z.B. für Krieger, Bandenmitglieder aber auch aus ästhetischen Gründen. Sichtbar oder auch absichtlich unsichtbar getragen sind sie für viele Menschen sehr wichtig und oft Statussymbole oder Kennzeichen ihrer Kultur. Die Bedeutung einzelner Bilder erforschte man dann auch, z.B. in Frankreich um Verbrecher zu identifizieren. Aber auch um andere Völker zu verstehen.

In anderen Ländern und auf anderen Kontinenten spielten die Tattoos eine viel traditionellere und auch „heilige“, eng mit der Kultur verbundene, Rolle.

Die Geschichte des Tattoos ist lang, sie sind an gefundenen Skeletten nachgewiesen wurden. Dort wo keine Kleidung vorhanden war blieben die „Zeichnungen“ erhalten. Dazu gibt es eine schöne Einführung im Buch. Verschiedene Völker, Techniken und ihre jeweilige Kunst werden vorgestellt. Erzählt wird die Geschichte im Buch von einem Gefängnisdirektor.

Es gibt wahre Künstler unter den Tätowierern, auch heute. Wo gab es Tatoos früher, wie verbreiteten sich diese und wie kamen sie zu uns bzw. waren sie schon da? Die Seefahrt ist ein wichtiger Aspekt der Geschichte. Das alles erzählt dieser spannende Comic.

Am Ende des 19. Jahrhunderts öffneten die ersten Tattoo Läden in Europa, das Tattoo begann seines Siegeszug bei uns – heute kaum mehr wegzudenken. Damals ließen sich auch die ersten Frauen tätowieren. Bekannt waren z.b. Irene Woodward, Bella Angora oder Djita Salomé. Sie ließen sich mit ihrer Kunst auf den Körpern oft lange Jahre ausstellen, tourten durch die Lande. Und es gibt einiges an Bildmaterial dazu. Es ging tatsächlich um fast komplett tätowierte Körper, auch bei den Frauen.

Einiges an Fotos ist hier zu finden:
https://www.tattooarchive.com/index.php

Alles in allem ein sehr interessantes Buch mit 66 Seiten.
In der Reihe „die Comic-Bibliothek des Wissens“ gibt es noch Themen wie: Das Internet, Bienen, Das Universum usw. alle von jeweils anderen Künstlern und Künstlerinnen und Autoren und Autorinnen.

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Tattoos (Link mit Leseprobe)
Jérôme Pierrat
und Alfred
aus der Reihe „Die Comic-Bibliothek des Wissens“
erschienen bei Jacoby Stuart
12,- €
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Der Ursprung der Liebe – Liv Strömquist zum zweiten

Nach dem wunderbaren, einzigartigen und extrem empfehlenswerten Comic „Der Ursprung der Welt“ zur Kulturgeschichte der Vagina legt Liv Strömquist nach! „Der Ursprung der Liebe“ heißt der neue Titel. Hammerharte Lektüre. Mir blieb doch manches Mal die Luft weg beim Lesen, und ich brauchte echt Pausen um den Inhalt stückchenweise zu verarbeiten. Einfach phänomenal, wenn man Dinge liest, die man sich auch schon oft gedacht hat, oder jemand sehr ähnliche Fragen stellt, wo man sich sonst recht allein fühlt mit seinen Ansichten. Aber auch ganz schön heftig wie es zu rattern anfängt bei so mancher Theorie, über die Liebe, das Verhalten in Partnerschaften, also Beziehungen zwischen zwei Menschen, hier vornehmlich Mann und Frau.
Bekannte Paare müssen herhalten, was sehr schlau ist, denn sie geben wunderbare Beispiele ab für alle möglichen „Fehl“tritte, und Liv zeigt uns eine ganze Menge, was so schief laufen kann.
Wie ist das mit der Liebe? Alles Biologie? Oder soziale Konstruktion?
Wir treffen Diana und Charles, Britney Spears und ihren Ehemann, Mr Big und Carrie aus „Sex in the City“ und noch viele viele andere Paare. Bekannt und unbekannt.
Hier merke ich, wie sich meine Auffassung stark unterscheidet – je nachdem ob Bauch oder Kopf grad involviert sind.
Mehr als einmal bleibt einem der Mund offenstehen, denn Liv haut echt so einige krasse Punkte raus, über die sich, glaube ich, so zumindest noch keiner getraut hat zu reden. Wie z.B. die Thematik, daß selbst die furchtbarsten Männer, auch wenn sie Pflegefälle sind, viel jüngere und sehr liebevolle oder zumindest fürsorgliche Frauen bei sich haben. Was im Umkehrschluss kaum vorkommt. Wusstet ihr, daß Nancy Reagan ihren dementen Mann noch bis zum Ende pflegte? Oder auch Hemingway (sehr tragische Familie die Hemingways), der von seiner 4. Ehefrau lange Jahre betreut wurde. Was bringt nur all die Frauen dazu? Der krasseste hier aufgezählte Fall ist Oona Chaplin, viele Jahre (36) jünger als Charles, pflegte ihn über 30 Jahre lang… wow!

Das Buch ist 130 Seiten stark. Viel Inhalt, unterteilt in einige Kapitel, die aber recht fließend ineinander übergehen. Im ersten Kapitel geht es zuerst um Fernsehserien, die allen den gleichen Klischees folgen und so ein Rollenverständnis fabrizieren/wiederholen, was sich eben durch diese Serien und ihre Zuschauer extremst potenziert. Auch dadurch, daß darüber gelacht wird. Wenn man, gerade als Frau da mal genau hinschaut, sag ich nur: Wut ahoi!

Warum landen wir in solchen Arrangements? Sprich Paarbeziehungen und Ehen. Diese sind oft sehr sehr einseitig und immer wieder ähnlich aufgeteilt. In Frauen die Fürsorge geben und Beziehungsarbeit leisten und Männer, die da sind, aber weder das gleiche tun, noch groß etwas eigenes wirklich in die Beziehung einbringen, und nennen das dann Liebe? Ich denke wir werden es alle kennen. Auch wenn es natürlich positive Ausnahmen gibt.

Ich habe mich in den letzten Jahren oft gefragt was eigentlich Liebe wirklich ist. Heute sage ich: Echte Liebe gibt es für mich nur an ganz wenigen Stellen – die Liebe eines Kindes was seine Eltern bedingungslos liebt kann ich z.B. nur noch biologisch betrachten – es ist und bleibt ein hochabhängiges Verhältnis, denn das Kind ist  angewiesen auf die Zuwendung, um zu überleben -, …. denn das was wir gemeinhin Liebe nennen, hat meist viel mehr mit Erwartungen und Bedürfnissen zu tun. Oder, wie Liv eben auch aufzeigt, mit Biologie und Prägung, und nicht mit Freiheit.
Echte Liebe basiert aber auf Freiheit. Wir in unserem Zeitalter, die wir an die Liebesheirat glauben, und viele Menschen viel Energie und Geld investieren in dieses ominöse Liebesding – so von wegen „du bist mein ein und alles“ (Hilfe!), hören sowas natürlich nicht gern. Erst macht dich die Biologie schwach und dann springt deine soziale Konditionierung an. Wie oft geht es z.B. um Macht?
Wo mir das schon immer arg aufgestoßen hat, das ist die Popkultur – diese ganzen Songs und Bücher, in denen sich alles um die eine wahre Liebe dreht, sind für mich nur verstörende Versionen symbiotischer Abhängigkeiten. Und mir ging das schon in meinen 30ern mega auf den Senkel. Drama Drama und alle finden es toll. Auch darauf geht die Autorin ein. Und ja, na klar ist richtiger Liebeskummer total beschissen und schlimm, aber sehr wahrscheinlich gar nicht mal so wegen dieser anderen Person.

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Liv Strömquist erklärt uns das alles, auch warum Mädchen auf Typen stehen, die sich nicht für sie interessieren und Jungs eher kein Interesse haben feste Beziehungen einzugehen. Nur kurz dazu: Drama bauscht schön auf – ich denke auch das kennt fast jede*r. Was das alles mit Sexualität zu tun hat? Auch das wird erklärt. Es geht um das Konstrukt der Ehe durch die verschiedenen Zeitalter, um Selbstbestimmung bzw. eben keine Selbstbestimmung, Eifersucht, Gewohnheitsrechte. Alte Freiheiten und neue Erfindungen. Liv erklärt uns kurz das Patriarchat und was Liebe mit Marktwirtschaft, Macht und Religion zu tun hat, sehr genial! Augenöffnend! Die Dekonstruktion dessen, was gemeinhin als Liebe verstanden wird …und findet dann doch zum Schluß etwas Versöhnliches. Und wünscht uns viel Glück.
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Ja es gibt eine Menge zu bedenken, vieles zu hinterfragen und es heißt den vielleicht schon gespürten Zweifeln wirklich Raum zu geben und sich dann etwas Zeit zu nehmen das alles auch zu verdauen. Dieses Paarkonstrukt ist wirklich eine recht unglückliche Erfindung, vor allem für Frauen. Chuck Spezzano sagte schon so schön: „Wenns wehtut ist es keine Liebe!“ Also Achtung.

Wer weiß, vielleicht gehts ja dann im nächsten Buch um das Scheitern der Idee der Kleinfamilie, auch ein echt wichtiges Thema, das im Untergrund schon länger gärt. Wir werden sehen 😉 Jetzt erstmal ran an den „Ursprung der Liebe“.

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Liv Strömquist
Der Ursprung der Liebe
Avant-Verlag
20,- sehr gut angelegte €

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Liv Strömquist, geboren 1978 in Lund, Schweden, ist eine der einflussreichsten feministischen Comiczeichnerinnen. Die studierte Politikwissenschaftlerin zeichnet regelmäßig für unterschiedliche schwedische Magazine und Zeitungen. Ihre Buchveröffentlichungen befassen sich mit sozialen Fragen.

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Interview:
http://www.deutschlandfunkkultur.de/liv-stroemquist-ueber-geschlechterklischees-ehefrauen-die.2156.de.html?dram:article_id=411687

Artikel:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/der-ursprung-der-liebe-von-liv-stroemquist-unfassbar-witzig-a-1195140.html

Ebbe und Blut – alles über die Gezeiten des weiblichen Zyklus

Ein erstaunlich dicker Brocken dieses Buch. Festgebunden und wirklich wunderschön aufgemacht mit toller Gestaltung durch viele Fotocollagen, schönes Papier und klasse Layout. Manchmal steht das Design der Lesbarkeit etwas im Wege, wenn Überschriften in einem zartrosa gehalten sind und sich schlecht lesen lassen, sonst aber ist es wirklich etwas richtig besonderes und ich denke ein tolles Geschenk für jede Frau und jedes Mädchen.
Gesammelt, geschrieben und gestaltet wurde das Buch von 2 Freundinnen und Studienkolleginnen, Luisa Stömer und Eva Wünsch. Ich finde man spürt die Liebe zu Ihrem Werk über „die Wiege des Lebens“. Das monatliche Wunder der Menstruation.

Die Collagen sind Einfallsreich, modern mit Vintagelook und machen aus dem Buch ein kleines Kunstwerk. Inhaltlich hätte ich mir es ein bisschen frecher gewünscht. Es bleibt doch meistens im Raum wo auch die Medizin so waltet – die eben sehr männlich geprägt ist (was wir spätestens seit „Der Ursprung der Welt“ wissen, wenn wir es noch nicht selbst erfahren haben). So verwundert es auch nicht das die Mystik und Spiritualität keinen Raum bekommen im Buch, das hätte es aber meiner Meinung nach erst richtig rund gemacht. Es gibt ein kleines Kapitel über Kurioses am Ende des Buches. Dort fällt z.b. leider auch das Thema Mond und Zyklus und das Thema Synchronisation rein.
Sonst wirklich ein gutes Grundlagenbuch. Von Anatomie,  über den Weg der Eizelle bis zur Monatshygiene. Zu Zyklus, Zyklusstörungen und Periode im Zusammenhang mit der Psyche, bis hin zur Unterstützung durch Naturheilkunde und Ernährung (super Kapitel).
Alles über Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch und zum Abschluß einer wunderbaren Enzyklopädie der Periode –  wird alles recht ausführlich angesprochen und aufgezeigt. Und das in erheblich besserer Form wie das gewisse Aufklärungszeitschriften so bringen. Wer niemanden hat, den Sie fragen kann, hier finden sich viele Antworten und ein zugewandter Schreibstil. Es ist so wichtig seinen eigenen Körper gut zu kennen und zu wissen was da vor sich geht, hier wird das ausführlich erklärt!

Das Buch hat auch eine eigene Seite: http://www.gu.de/ebbe-und-blut/

Danke an den GU Verlag!

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Ebbe & Blut

Luisa Stömer und Eva Wünsch

Gräfe und Unzer Verlag

24,00 €
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Eine Körpergeschichte – Blogparade „Mein Körper (und ich)“

Martina von Camp Hammok erzählt etwas zum Thema Alter
Hier könnt ihr ihren Text lesen ->

vorherige Beiträge:

Karolin
Bauchweh 2

Christiane
Ich bin der Typ der alles in sich reinfrisst

Karolin
Bauchweh

Sandy
Das Essen und Ich

Marie
Körperfreundliche Kindererziehung

Maren
Der Pharma-Zoo

Solina
Thema Wohlfühlkörper und Fitness

Hiltrud

Schmerz und Leben und Humor

Wortbunt mit 3 Texten und Collagen

Augenwischerei

Schamhaare

Traumkörper

Chutriel
und die Geschichte ihrer Panik

Monika
HPU und Hochsensibilität

Nadine
„Mein Körper und ich“ und keine Waage

Bauchweh – Teil 2

Der Körper. Der Körper, der einen von Anfang an begleitet. Ist man dieser Körper? Oder ist man nur in ihm? Auf jeden Fall ist klar er ist da und so richtig bestimmen über ihn kann ich nicht. Er macht ganz schön viel ohne mich. Er funktioniert tagtäglich in einem faszinierendem Zusammenspiel all der inneren Organe und der Muskeln, Nerven, Haut und Fasern. Und manchmal funktioniert er eben gar nicht so wie er soll. Da schmerzt er. Da wuchert er. Da wachsen Sachen wo sie nicht hingehören. Oder verschwinden Teile wie Zähne und Haare in langen Prozessen oder anfallsweise. Manchmal spielt alles verrückt und man dreht fast durch, auch aus Angst das es nicht mehr aufhört. Oder weil man grade nicht mehr klar denken kann.
Wenn man da mitten drin steckt und gefühlt so gar keinen Einfluss nehmen kann, da ist dann nicht viel morgen. Und mitten im Schmerz oder der Krankheit ist es kaum vorstellbar wie es ohne war; und wenn es einem gut geht ist auch die Erinnerung an die schlimmen Momente eben nur mehr Erinnerung.


Endometriose
Sie wird oft lang nicht erkannt. Regelschmerzen werden nicht als ungewöhnlich betrachtet und auch Bauchweh oft viel zu schnell der Psychosomatik zugeordnet, was dann in der medizinischen Realität heißt: da machen wir nichts, entspannen sie sich einfach mal, stellen sie sich nicht so an, reißen sie sich doch einfach zusammen, oder so ähnlich.
Überhaupt wird über die monatliche Regel viel zu wenig gesprochen. Auch unter Frauen. Echt jetzt? Ja, is so. Wenn man mal was erfährt, dann von Frauen, die ja gar kein Problem haben oder die jeden Monat Tabletten schlucken um klarzukommen im Alltag.
(Text Teil 1 -> hier entlang)

Als meine Frauenärztin meinte, dass ich Endometriose hätte drängte sie recht schnell auf eine OP und die Einnahme der Pille. Von alternativen Behandlungsmethoden war keine Rede, geschweige denn von einer Wahl. Und auch wenn ich seit vielen Jahren diese monatlichen Tage voller Schmerz und Elend gewohnt war, war es jedes Mal wieder eine ungute Zeit, ein sprichwörtlicher Krampf und Kampf, vielleicht auch weil da eben niemand war um drüber zu reden. Man nicht funktionierte in einer Welt wo man parat zu stehen hat.
Ich hatte das Glück, dass mein Zyklus sehr regelmäßig war und ich ungefähr planen konnte. So schaute ich wo es ging, das ich in dieser einen Woche im Monat keine Termine hatte, dass ich genug zu Essen zu Hause hatte, um nicht rausgehen zu müssen usw. Schlimm war es, wenn ich mich an den 2,3 schlimmsten Tagen auf Arbeit schleppen musste und alles an mir sich unwohl anfühlte.

Manchmal gab es Lichtblicke, Monate wo es nicht ganz so schlimm war.
Ich habe ja letztens schon geschrieben das ich dann operiert wurde. Und ich sage euch, es hat nichts verändert. Man hat wohl jede Menge Streuungen gefunden und ich hatte Glück, dass alles glattgelaufen ist. Inzwischen habe ich im Internet von genug Frauen gelesen, die nicht soviel Glück hatten, wo z.b. die Blase oder der Darm in Mitleidenschaft gezogen wurden oder verletzt wurden durch die OP. Manche Frauen haben sich x-mal unter das Messer gelegt. Das Ding ist aber, dass die Endometriose dort dann oft Narbengewebe erzeugt und andere Beschwerden hinzukommen.
Die Pille kann manches zeitweise stilllegen, viele Sorten gibt es da nicht. Die die es gibt, haben, wie die meisten Pillen, oft starke Nebenwirkungen, die leider von den Frauenärzten verschwiegen werden.
Bei mir und auch bei anderen Frauen bleibt die Menstruation dann vollends weg. Und nein, das fühlt sich nicht gut an, zumindest für mich nicht. Auch muss die Pille nicht helfen, nach langer Einnahme kann sie sogar mehr Probleme machen als helfen. Die Frauenärztin damals meinte ich solle doch froh sein, andere Frauen würden sich drüber freuen nicht mehr zu bluten. Ich fühlte mich aufgedunsen und schwer.

Dabei ist so eine monatliche Blutung, ja viel mehr als nur eine Blutung. Sie ist ein Teil eines zutiefst weiblichen Rhythmus, eine innere Reinigungsprozedur und gehört zum Frau sein dazu.

Ich fühlte mich wie ein Luftballon gefüllt mit Kieselsteinen. Durch die Pille veränderten sich auch meine Gefühle und mein Körper zeigte komische Symptomeauch Schmerzen nur anders. Viele Pillen verursachen oder verstärken depressive Tendenzen, lösen Kopfschmerzen aus oder Übelkeit usw. Die Pille ist das Gegenteil von einem guten Körpergefühl, bzw. verwehrt sie dieses. Sie steht im Weg und hilft nicht, außer das sie die Endometriose wohl zeitweise stoppen kann. Ich finde es unfassbar, dass die moderne Medizin nicht ein Stück weiter denkt, aber überraschen tut mich das nach meinen allgemeinen Erfahrungen nicht.

Zwei Jahre nach der OP startete meine Revolution. Ich hatte endgültig die Nase voll davon mich nur noch mies zu fühlen. Ich setzte die Pille ab, meine Ärztin hatte keine Alternative und rief mir eine Art Fluch hinterher das die Endometriose ja jetzt wieder froh wachsen könne. Super. Das ich dort nicht mehr hin binauch klar. Die nächste Frauenärztin wollte dann übrigens gleich meine Gebärmutter ganz entfernen, als wäre diese nur ein Stein im Schuh.
Und ja nach ein paar Jahren (6) ist sie auch wieder gewachsen, die Endometriose, aber ich lebe damit. Momentan weiß ich nicht wie es aussieht. Nachdem ich unterschiedliche Ärzte und Ärztinnen ausprobiert habe, hatte ich erstmal keinen Nerv mehr.

Was mir geholfen hat und hilft:

* Ich lese jede Menge (alternative) Literatur über Frauenkörper, Frauenweisheiten, Frauentraditionen, Frauengesundheit usw.
z.b. Die weise Wunde Menstruation, Der Ursprung der Welt, Frauenkörper Frauenweisheit, Das Tao der Frau, Die Weisheit der Menstruation etc. gibt wirklich tolle und hilfreiche Bücher

*Ich nutze Kräuter wie z.b. für Tees oder als Duftöl – mir hilft Melisse, Hopfen, Lavendel, Kamille zum entspannen und entkrampfen

*ich teste mich durch verschiedene homöopathische Mittel, auch als Mittel zum Spritzen (Endometrium), geholfen haben mir Sepia, Lachesis, Pulsatilla, Nox Vomica, Colocynthis, Chamomilla, Belladonna, Ignatia – wichtig ist hier immer zu schauen wie und welche Beschwerden im Moment da sind (die Ratgeber von GU zur Homöopathie kann ich empfehlen) – was ich immer zu Hause habe und was sehr gut bei Krämpfen hilft ist das Schüsslersalz Nr. 7 (Magnesium)

*In der Zeit wenig essen und vorallem leicht verdauliches, Wasser trinken ist immer gut. Wurzelgemüse stärkt und eine gute Suppe ist sehr wohltuend – da heißt es nach dem Typ zu schauen (mir war oft kalt und ich hab Wärme gebraucht) -> hilfreich kann hier die TCM sein und die 5 Elementeernährung
Eher nicht so gut sind Milchprodukte, Kaffee, Fleisch, sehr gut ist alles Grüne und jegliches Gemüse, das man besten zumindest dämpft oder kocht.

*Zitrone: mit dem Saft einreiben (hilft bei allen Krämpfen) Zitronensaft trinken hilft gegen Kopfschmerz, Blutarmut und depressiven Verstimmungen

*Mineralstoffhaushalt: mit Endometriose geht oft ein Mangel an Nährstoffen einher, wie z.b. Eisenmangel (Ferritinwert checken), Zinkmangel, Vitamin B Mangel usw. -> großes Blutbild machen lassen -> dadurch das man Beschwerden hat (unbedingt eine Liste machen) gibt es eine Indikation dafür, sonst müßte man das meiste selber zahlen. Wenn der Arzt sich querstellt zum nächsten gehen. Hilfreich sind hier oft Ärzte für Hämatologie, ich war in einer Krebspraxis! Nehme seitdem zusätzlich Nährstoffe zu mir, das sollte regelmäßig geprüft werden. Der Körper ist ein fein abgestimmtes System und man kann nicht einfach was zuführen und fertig. Hier heißt es sensibel vorzugehen und gut zu beobachten. Außerdem verschiedene Mittel testen. Das Eisen aus der Apotheke ist meistens nicht verträglich, ich habe, nachdem ich schon total verzweifelt war und eine starke Anämie hatte, endlich bei Vitaminexpress ein verträgliches Eisen gefunden (Werbung unbezahlt). Manchmal sind auch gefühlte Depressionen einfach Nährstoffmängel, und ich finde es ein ganz großes Versäumnis, das sowas nicht als allererstes überprüft wird beim Hausarzt, geschweige denn das die Mittel bezahlt werden die helfen.

Davon sind sehr sehr viele Frauen betroffen und wissen es nicht. Unser alltäglicher Stress verbraucht unmengen an Eisen, bzw. schädigt die Aufnahmefähigkeit des Darmes (sowie auch Zucker), so das nicht alle Nährstoffe verwertet werden können – natürlich sollten auch gute Nährstoffe zugeführt werden, also frische Nahrungsmittel, kein Fertigessen!

*Kuscheln mit der Wärmflasche, hinlegen

*überhaupt 3 Gänge runterschalten, egal was man müßte oder sollte, du gehst vor, also ist verwöhnen und ausruhen angesagt

*ruhige Spaziergänge wenn möglich/Tageslicht

*Schlaf bzw. ausruhen

*leichte Yogaübungen/Gymnastik – hinlegen 🙂

*Akupressur, hier lohnt es sich nach Büchern zu schauen, es gibt mehrere Punkte die man selbst behandeln kann und ich habe damit hervorragende Erfahrungen gemacht. Man muß aber drauf gefasst sein das es nicht immer gleich hilft. Es braucht Ruhe dafür und etwas Geduld – die Punkte müssen schon so 15 bis 20 Minuten behandelt werden.
Z.b. gibt es 2 Leistenpunkte die sehr hilfreich sind

*Eft Klopftechnik, hierzu gibt es einige Anbieter bei Youtube die das erklären, da mußt du mal schauen welcher Dir zusagt. Ich finde die Erklärungen von Magic Button Maxim (Ja es ist mit der Akupressur verwandt) oder Michaela Thiede sehr gut.

*Atemübungen – da hab ich viel aus meiner Singgruppe mitgenommen. Singen und Tönen ist ganz famos, dadurch wird das Zwerchfell bewegt und unsere inneren Organe angeschubst. Wenn wir dann richtig tief atmen, so wirklich in den Bauch rein, hilft das sich zu lockern und damit den Krämpfen entgegen zu wirken, sehr gut sind – also wenn man Töne machen mag, tiefe Töne und erdiges wie das U… ruhig raustöhnen, es hilft!
Im Alltag atmen wir oft viel zu flach und dadurch entstehen auch permanente Verkrampfungen – man kann da wirklich jeden Tag was machen.

*Haltung Rücken stärken, Becken bewegen und öffnen, hier sind gewisse Physioübungen ganz prima oder Cantienica – das beste was ich zum Thema nachhaltige Verbesserung der Körperphysiognomie kenne.

*Keine Tampons – das gehört zur Thematik Körperverhältnis. Das ist ja oft ein verkrampftes Thema an sich. Und die Tage gibts ja irgendwie oft nur so im Geheimen obwohl 50% der Weltbevölkerung monatlich davon betroffen sind. Oft wird das Menstruatiosnblut mit etwas unreinem und ekligem in Verbindung gebracht und die Tampons verbergen das dann schön… Stichwort Werbung, Unsichtbar, Geruchslos, Sauber  – alles klar. Aber wie geht man eigentlich mit sich und seinem Körper um wenn man denkt das jeden Monat etwas widerliches und schlechtes mit diesem passiert und dieser Körper etwas ekliges absondert? Deine Einstellung zu dir und deinem Körper macht etwas aus. Ich denke das Blut will fließen, übrigens tut es das auch in der Schwerelosigkeit raus aus der Vagina! Also würde ich sagen stehen wir dem nicht im Wege und verstopfen den Ausgang mit Zellstoff und seinen Zusatzstoffen. Modern sind ja inzwischen die Menstruationstassen. Ich finde aber auch das ist zuviel Plastik und eine Art Verschluß, aber da muß jede selber schauen. Eigentlich ist die Menstruation ja ein Wunder, jeden Monat bereitet Sie unseren Körper darauf vor ein Kind zu empfangen und zu beherbergen.

*Wohlfühlkleidung

*Sich mit der eigenen Weiblichkeit und dem eigenem Körper auseinander setzen.
dazu gehört für mich auch sich mit natürlichen Rhythmen zu beschäftigen, in der Natur (also auch in uns) z.b. Jahreszeiten, Mondrhythmus, Tagesrhythmus, eigener Rhythmus

*Sich Zeit nehmen, am Besten schon 2,3 Tage vorher damit anfangen, besonders wenn du an PMS leidest

Empfehlung: Broschüre des feministischen Frauengesundheitszentrums Berlin – gibt es für schlappe 7 € – viele Infos zu Nährstoffen u.a.
https://www.ffgz.de/bestellen/broschueren/endometriose-verstehen-meinen-weg-gehen.html

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http://www.endometriose-vereinigung.de/was-ist-endometriose.html

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http://generation-pille.com/endometriose-einziger-ausweg-pille-natuerliche-behandlung-bei-endometriose/?

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http://www.netzwerk-endometriose.de/qs-endo-was-ist-das/

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http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/hysterektomie-jeder-sechsten-frau-wird-gebaermutter-entfernt-a-953374.html

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