Zuerst bin ich in der Bibliothek über „Madgermanes“ gestolpert, welches ich aufgrund der Beschäftigung mit Ostdeutschen Thematiken mitnahm. Nach und nach entdeckte ich auch ihr anderen wunderbaren Bücher.
Die Autorin „Birgit Weyhe wurde 1969 in München geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Ostafrika und kehrte im Anschluss an ihr Abitur nach Europa zurück. Sie schloss 1997 ihr Studium in Germanistik und Geschichte ab und wandte sich der Kunst zu.“ so schreibt der Avant Verlag.
Wow, wie spannend: Ostafrika. Das ist für mich so weit entfernt, wie ein anderer Planet. Bei dieser Geschichte wird mir auch klar, warum sich Birgit Weyhe in ihren Grafik Novels so viel mit der afrikanischen Kultur beschäftigt. Ich denke wir finden in jedem ihrer Bücher etwas aus ihrer eigenen Geschichte wieder – für mich sind ihre Bücher auch so besonders, weil mir die afrikanische Kultur sehr fremd ist.
„Madgermanes“ ist für mich ein wirklich großartiges Comic. Es geht um Gast- bzw. Vertragsarbeitern aus Mosambik in der DDR. Für mich ein Kapitel der DDR von welchem ich vorm lesen dieses Comics nichts wusste.
„Von 1979 bis 1991 waren ca. 20 000 Vertragsarbeiter aus Mosambik in der DDR beschäftigt.“
Das Thema war mir vollkommen fremd. Ich wußte nur von den vielen Vietnamesen – viele davon auch noch nach der Wende im Osten zu finden, und von den Kubanern. Auch als ich meine Mutter befragte, die zu dieser Zeit, als es die vielen Fremdarbeiter in der DDR gab, eine erwachsene Frau war, wußte sie nichts davon. Schon sehr merkwürdig einerseits, andererseits lebten die Vertragsarbeiter ja auch sehr getrennt und richtiggehend abgeschottet in der Zeit ihres Aufenthaltes, in eigenen „Heimen“.
Die Autorin und Zeichnerin bringt uns das Leben dieser Menschen, und ihre großen Hoffnungen nahe. Erzählt vom ankommen und dem Alltag in der DDR, der für die Vertragsarbeiter anders war als für den/die durchschnittlichen DDR BürgerIn. Und auch wie es nach der Wiedervereinigung weiterging erfahren wir.
Sie erzählt von 4 Menschen und ihren sehr unterschiedlichen Lebensläufen, die stark geprägt waren durch die unterbezahlte, oft auch gar nicht berufsrelevante Tätigkeit in der DDR und den ihnen nur minimal zugewiesenen Lebensräumen, die sich vor allem auf das Zimmer im Wohnheim und ihre Arbeitsstellen beschränkte.
Die Arbeit war nicht nur unterbezahlt, nein, sie war auch ganz etwas anderes als das, was den Menschen damals versprochen wurde. Ganz zu schweigen von der ganzen Wohn- und Lebenssituation dieser DDR „Gäste“ über die in Madgermanes ausführlich berichtet wird. Irgendwie typisch DDR. Eine menge Begrenzungen, keine Wahl, und selbst die grundlegendsten Dinge nur ganz gering vorhanden.
Die verschiedenen Charaktere der Figuren tragen natürlich genauso zu ihren individuellen Wegen bei, und so schafft es die eine Figur sich ein eigenes und auch erfolgreiches Leben aufzubauen und die andere zerbricht an den Umständen.
Als die Mauer fiel sollten die Mosambikaner zurückkehren – viele haben ihr Geld bis heute nicht bekommen und starteten mit Nichts in der alten Heimat, die zerstört war von einem Bürgerkrieg. Bis heute kämpfen die Vertragsarbeiter um ihre Rechte. Ein trauriges Kapitel DDR Geschichte.
Nicht umsonst wurde die Künstlerin für dieses Buch ausgezeichnet. Die Geschichten sind wunderbar erzählt und bringt einem das Thema der Madgermanes wirklich nahe, vom Anfang bis heute.
Ihr Zeichenstil ist unverwechselbar und in jedem ihrer Bücher gut zu erkennen. Eine Besonderheit sind die sparsamen Farben, Flächen und Linien meiste Zweifarbig zurückhaltend.
„Sie erhielt sie 2015 als erste Künstlerin den höchstdotierten deutschen Comicpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung und die Auszeichnung als „Bester deutscher Comic“ beim Max-und-Moritz-Preis.“
http://www.avant-verlag.de/artist/birgit_weyhe
http://www.radiobremen.de/bremenzwei/sendungen/zwei-nach-eins/birgit-weyhe100.html
Der Blogpost ist von 2019/aber erst jetzt veröffentlicht