Der Sommer ihres Lebens

Eine Amsel. Sie singt ihr Lied. Und dann begegnen wir Frau Wendt. Vor dem Speisesaal. Sie macht sich Gedanken über Zeit und Ewigkeit und überlegt wohin Sie muß.
Frau Wendt läuft an ihrem Rollator durchs Haus und nach draußen. Immer wieder verschwimmt das Jetzt und Erinnerungen tauchen auf. Wir dürfen dann das „Mädle“ kennenlernen, welches in Mathe so viel besser wie die Buben war.
Das ist eines meiner Lieblingsbilder aus dem Buch. Es erzählt soviel über diese Geschichte und die Erzählweise. Gerda wie sie springt und Gerda wie sie nur noch langsam mit dem Rollator vorwärts kommt. Mir schnürt es ein wenig die Kehle zu.

Es wird schnell klar das Gerda eher eine Außenseiterin war, was mich persönlich gleich mit ihr verbindet, weil es mir auch so ging. Und Gerda hat eigene Interessen und weiß sich zu beschäftigen.
In kleinen dunklen Kästchen erzählt die Stimme aus dem Off…  Gerda Wendt die sich erinnert, …sich erinnern will.

Mein nächstes Lieblingsbild: Gerda mag Zahlen und Sterne, von denen sie sagt sie sind ihr ähnlich… sie sind da, auch wenn man sie nicht sieht. *Schluck*
Ist das nicht wundervoll getroffen, dies Spiegelung in der gedachten Fensterscheibe?
Gerda beginnt einen vielversprechenden Weg und doch, wie bei sovielen Frauen, gibt es die Institution Ehe und ein Kind. Aber das ist nicht das Ende der Geschichte.
Ich möchte nicht viel mehr verraten. Ihr sollt das Buch ja selbst entdecken.
Eine Anmerkung ist mir noch wichtig, mir gefällt das das Altenheim neutral bis positiv dargestellt ist.
Mein letztes Lieblingsbild zeige ich nicht, es ist das mit den vielen „i“´s.
Dieses Grafik Novel berührt sehr. Liegt es am sentimentalen der Erinnerungen – wie es eben Erinnerungen so an sich haben? An der „schwere“ und den „Umständen“ des Alterns? Oder weil ich persönlich Verbindungen ziehe? An der eigenen Einstellung zum Tod, der ja unweigerlich folgt? Irgendwann ist es zu Ende. Für jeden von uns. Wir treffen Entscheidungen. Dinge nehmen ihren Lauf und wie Gerda sagt: „am Ende bleibt nur eine Möglichkeit übrig, eine Wirklichkeit.“
Die Farben und Zeichnungen ziehen mich ganz schön hinein in die Geschichte. Aber auch die Geschichte selbst berührt mich sehr. Es bleibt ein Kloß im Hals. Ein Menschenleben.

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Der Sommer ihres Lebens

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80 Seiten, farbig, 19 x 29 cm, Hardcover

20,- €,  Reprodukt

Ein Feuerwerk – Untenrum frei

Seit Wochen schiebe ich diese Rezension vor mir her, dabei muß ich sagen:
Verdammt! Ja! Lest dieses Buch!
Margarete Stokowski beginnt, wie es so oft üblich ist bei solchen Büchern die zwischen Sachbuch und persönlichem Erfahrungsbericht hin- und her pendeln, mit eigenen Kindheits- und Jugenderlebnissen. Und ich dachte, wenn das so weitergeht hab ich mich echt vertan. Die Autorin ist nun doch eine andere Generation, hat andere Erfahrungen gemacht, und zieht daraus andere Schlüsse. Mir hat da ein ganzes Stück weit eine Identifikationsfläche gefehlt.
Doch nach und nach nehmen die Erzählungen und Berichte richtig Fahrt auf. Und ich glaube was es so schwer macht darüber zu schreiben ist die Unmenge an Themen, Ankern und wirklich wichtigen Punkten – durch jede Menge Markierungen in meinem Buch gekennzeichnet.

zwischendurch

Das Buch ist, meiner Meinung nach, ein Must-have für Jeden und vor allem für jede Frau. Im Grunde genommen ist „untenrum frei“ eine Kampfschrift – eine die eben leider immer noch nötig ist. Denn von der Gleichberechtigung der Geschlechter sind wir immer noch weit entfernt.

Die Autorin scheut sich nicht Dinge anzusprechen über die man vielleicht noch nie weiter mit jemandem gesprochen hat oder nur mit den besten Freunden. Dinge über die man aber viel mehr sprechen sollte. Erstens um sich auszutauschen, für den Realitätscheck; und auch um zu merken wieviele dieser Themen eben nicht nur unsere Eigenen sind, sondern wirklich relevante Themen, die in eine öffentliche Debatte gehören. Auch wenn die Debatten erst mal in einer kleinen Öffentlichkeit stattfinden würden, wie eben im Freundeskreis oder auf Blogs, es wäre ein Anfang. Oder wie man es sieht, auch ein Anknüpfen – an Kämpfe, die viele Frauengenerationen vor uns geführt haben. Kämpfe deren Gewinn mir langsam unter zu gehen scheint, weil in schwierigen Zeiten oft ein Rückzug stattfindet. Scheinbar altbewährtes hervorgeholt wird, man doch in Traditionellem stecken bleibt anstatt zu hinterfragen was gerade Sache ist und wo wir wirklich stehen.


Klar ist es oft einfacher sich irgendwo sicher einzukuscheln, auf dem kleinstem gemeinsamen Nenner klarzukommen, aber eigentlich ist es auf Dauer gesehen unheimlich kraftraubend und vorallem Selbstverleugnend. Wenn du dich schlecht fühlen solltest, frag dich woran es liegt. Hinterfrage deine Lebensweise, dein Umfeld und die Strukturen – finde Dich nicht ab mit Dingen die als gegeben erscheinen. Glaube dir und deinem unguten Gefühl. Gefühle haben immer recht. Sie zeigen Dir was Sache ist, mehr als Gedanken, die du oft nur gelernt hast zu denken.

Wir haben heute, wie nie zuvor, die Möglichkeit uns zu äußern, Debatten zu beginnen und durch das Internet eine Möglichkeit auch viele Menschen zu erreichen. Es ist so wichtig Dinge anzusprechen und auszusprechen und sich zu zeigen. Es ist wichtig eine Vision zu haben und Wünsche und nicht stehenzubleiben und sich zufrieden zu geben .. weil es ist doch schon was, und es ist doch schon besser und eigentlich doch kein Problem.
Doch es gibt beim Thema Gleichberechtigung ein ganz großes Problem, und das ist das Problem der Konditionierung und des Erlernten – Frauen und Mädchen die sich für frei halten, weil es Ihnen so verkauft wurde. Die Sexy sein cool finden und der männlichen Welt so richtig schön zuspielen, weil Sie die Dinge nicht hinterfragen und nicht reflektieren. Das hat nichts damit zu tun das jeder frei bestimmen sollte wie er/sie rumlaufen mag usw.
Die Welt ist eine männliche, und viele Menschen bemerken das nicht, merken nicht wie Frauen immer noch als Menschen zweiter Klasse behandelt werden und wie normal es in unserer Welt ist Sexismus und Frauenfeindlichkeit ausgeliefert zu sein, der täglichen kleinen Gewalt, und wie oft der weibliche Körper verdinglicht wird.

Margarete Stokowski greift in Ihrem Buch soviele wichtige Themen auf. Schreibt über Rollenbilder, Freiheiten und Macht und deren Auswirkungen. Ich zähle die Kapitelüberschriftenjetzt nicht auf denn Sie sagen zuwenig aus über den wirklich wichtigen Inhalt. Die Aufmachung des buches finde ich richtig gut, es fällt auf und das gebührt ihm und der Autorin allemal. Was das Buch für mich hervorragend ergänzt sind die Anmerkungen und die Literaturliste im Anhang, die ich sonst oft vermisse. Also hier habt ihr dann gleich eine gute Buchliste zum weiterlesen. Fight for your Right! Steh auf und kämpfe für dein Recht – und wie es Margarete Stokowski so gut formuliert: es beginnt wenn wir das Wort ergreifen! Auch lesen hilft weiter z.b. dieses Buch (und andere Literatur von Frauen) – das man aufjedenfall immer wieder lesen wird können, um sich daran zu erinnern auf was es ankommt.

Beim Rowohltverlag findet sich eine Leseprobe, sowie Lesetermine und ein Interview.

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Margarete Stokowski

„untenrum frei“

Rowohlt, 19,95 €

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Wenn du das Wort jetzt ergreifen möchtest mach doch mit bei meiner Blogparade „Mein Körper(und ich)“

… und über uns kein Himmel

dscn6401Geschichte und Psychiatrie im Comic. Krasses Thema, krasses Buch. Ein Baby, das beim erweiterten Suizidversuch der Mutter  im Jahr 1935 überlebt und fortan in Heimen, Pflegeanstalten und Kliniken untergebracht wird. Ein Junge, sein Name Fritz Blume.

Der Zeichenstil hat mir erst gar nicht gefallen, aber die Geschichte ist so heftig, dass die kantigen Zeichnungen irgendwie doch sehr gut dazu passen. Es hat mich sehr ergriffen. Ich habe schon einiges gelesen und gesehen über Heime in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Thema ist ja heute nicht mehr ganz unbekannt, das Menschen sehr schnell als sogenanntes „unwertes“ Leben klassifiziert wurden, oder sagen wir lieber, diesen Stempel aufgedrückt bekamen, um dann in Erziehungsheime und Anstalten geschickt zu werden. Viele wurden getötet, gequält oder zwangssterilisiert.
Zucht und Ordnung im allerschlimmsten Sinne, macht Fritz von Anfang an durch. Mit schlimmster Brutalität, und das oft auch noch von Christen/Nonnen, die regimetreu in den Erziehungsanstalten ihre uneingeschränkte Macht und Gewalt auslebten, selbst den Kindern und auch den Kleinsten gegenüber.
Weil die Mutter sich und Ihre Kinder töten wollte, wird sie als kranke Person eingestuft und somit auch ihre Kinder als krank definiert – der Hintergrund spielte damals keine Rolle. Es gibt kein Entkommen für Fritz.

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Was mir nicht bewusst war ist, dass auch in sogenannten Waisenhäusern so schlimm mit den Kindern umgegangen wurde – aber es vermischt sich später, weil Fritz als „gestört“ angesehen wird.  Getötet wird er nicht, wie viele seiner Kameraden, und er überlebt alle Misshandlungen und Quälereien. „Ausmerzen durch Hunger und Arbeit hieß das Programm der Nazis“ – wenn das mal alles gewesen wäre. Aber es war viel schlimmer. Seine Arbeitskraft wird schamlos ausgenutzt und hier finden sich Methoden der weißen Folter – Folter die man den Menschen nicht ansieht. Als er etwas größer ist, kommt er zu einem Bauern, und dort vom Regen in die Traufe. Aber er begegnet hier einer Kuh, der es genauso geht wie Fritz und hier erlebt er das erstemal Zuneigung. Sehr berührend….

Als der Krieg vorbei ist – er spielt im Buch keine Rolle –  geht es genauso weiter wie zuvor.

Was diese Grafik Novel sehr besonders macht, ist dass hier tatsächliche Personen vorkommen und es ein echter Lebenslauf ist. Wirklich beklemmend. Und für mich immer noch und immer wieder schockierend, wie die alten Nazis nach dem Krieg einfach weitermachen konnten. Meistens an den vorherigen Arbeitsstellen, oft gar mit Beförderung nach dem Entnazifizierungsprogramm – unfassbar. Echte Beispiele werden hier aufgeführt. Die Geschichte basiert auf autobiografischen Schriften von Fritz, der nicht schwieg.

Ärzte und Pfarrer, bis in die 1950iger, 1960iger Jahre hinein, bis zur Rente, durften Sie unbehelligt weitermachen, auch wenn sie an Menschenversuchen beteiligt waren – auch das nicht neu. Irgendwas ist da so verdammt schief gelaufen. Und wenn man sich dann vorstellt, welche Nachfolger von ihnen ausgebildet wurden, dann weiß man, wie weit der Nationalsozialismus mit seinen kruden Ansichten in das Leben heute hineinreicht. So war es nicht nur in der Medizin und Pflege/Erziehung der Fall sondern durchaus auch gern in Behörden oder den Schulen. Das hat starke Auswirkungen, vor allem wenn wir auf das Menschenbild schauen, welches die Nationalsozialisten verbreitet haben und welches heute in unseren Systemen immer noch stark zu erkennen ist. Es geht immer um gesellschaftliche Normen, damals und heute. Auch nach dem Krieg verschwanden immer wieder nicht passende junge Menschen in Heimen – die DDR hat da auch noch eine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Die Opfer kämpfen heute noch um Wiedergutmachung..

Die Geschichte von Fritz geht weiter, leider endet sie abrupt und man erfährt nicht so richtig, was aus ihm geworden ist, aber es gelang ihm wohl, sich ein Leben aufzubauen.

Die Konzentrationslager wurden befreit. Viele Kliniken und Heime, blieben noch Jahre nach Kriegsende, so wie sie waren. Keiner kam und befreite die gequälten Seelen. Unfassbar traurig.

Der Geschichte geht eine kurze Einleitung zum Thema voraus und folgt ein langes und interessantes Nachwort, welches den Bogen bis heute schlägt; allerdings hätte ich mir hier weniger Fachtermini und eine einfachere Sprache gewünscht, um für jeden Leser verständlich zu sein.

Wenn wir denken das ist heute vorbei, so liegen wir falsch. Vieles erlebt ein Comeback. Es kommen wieder mehr bestimmte starke Medikamente zum Einsatz und für unpassende Kinder gibt es heute die Diagnosen wie ADHS. Viele Kinder werden mit dem gefährlichen Ritalin behandelt, welches oft heftige Nebenwirkungen hat.
Das ganze geht aber noch viel weiter mit der modernen Forschung – welches Menschenbild haben wir, und was liegt dem Zugrunde, sehr schön zusammengefasst und sehr lehrreich im Nachwort zur Sprache gebracht.

Ein wichtiges Buch!

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Robert Krieg/Daniel Daemgen
…und über uns kein Himmel
Graphic Novel

95 Seiten, 14,90 Euro

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von Gerda wurde ich auf einen weiteren Fall aufmerksam gemacht: http://www.zeit.de/1964/08/der-merkwuerdige-fall-heyde

Tolles Theaterprojekt
https://www.andersartig-gedenken.de/startseite.html

Der letzte grosse Trost

DSCN4042Ein etwas sperriges kleines Buch, das erst spät Fahrt aufnimmt. Ein Buch, bei dem das Cover so richtig gut passt und auch der Klappentext die Wahrheit spricht. Und ein Buch, über das sich schwer berichten lässt ohne zu spoilern.

Der Autor schreibt sonst eigentlich eher Kinderbücher, das fand ich doch überraschend im Hinblick auf den ernsten Ton des Buches. Aber vielleicht hat die Leichtigkeit der Kinderliteratur ihm geholfen, sich diesem Familienroman zu widmen.

Am Rand geht es um ein Haus, das verkauft werden soll, vom Zweig der Familie, die ausgewandert ist und von der niemand mehr übrig ist, um vorbei zu kommen. Die letzte Dame ist zu alt. Also nimmt unser Protagonist das selbst in die Hand und findet nicht nur Leere, sondern viele Erinnerungen und vor allem ein kleines Heft mit wenigen, aber sehr aufregenden Notizen des Vaters. Eine Geschichte, die sich durch die Generationen zieht.

Es geht um die Frage, wie es ist mit dem Weiterleben, wenn im Krieg so viele zurück geblieben sind – auf beiden Seiten. Wie das ist, wenn wieder so was wie Normalität eingekehrt. Zumindest auf der einen Seite. Der andere Teil der Familie hat weniger Glück. Aber ist es überhaupt Glück oder auch eine Leere, die nach schrecklichen Ereignissen unmissverständlich spürbar ist?

Daniel, den wir durch das Buch begleiten, hat trotz Glück mit der Normalität zu kämpfen, dem frühen Tod des Vaters. Der Tag, als er das alte Haus besucht, ändert alles zutiefst. Ein bisschen ist es so, als hätten die Dinge nur darauf gewartet. Wie leben wir unser eigenes Leben? Woran erkennen wir, dass es unser Leben ist? Und worum geht es eigentlich?

Am Ende lebt er für eine einzige Sache und ist in dieser für sich ganz allein. Jahrelang bereitet er sich vor, ohne mit jemandem darüber zu sprechen. Lebt er in diesen Jahren eine Lüge den anderen Menschen in seinem Leben gegenüber?

Es geht um Beziehungen und die verschiedenen Formen von Beziehungen, ganz besonders um die Beziehung zur eigenen Spiegelperson, die einen kennt. Der ohne Worte klar ist, was los ist. Die dich anschaut und deinen Aufruhr im Inneren mit einem Satz zu hinterfragen weiß.

Und es gibt Rettung – eine Rettung, die aber nicht in dir liegt, sondern dort, wo der Anker deines Lebens sich verhakt hat. Das hat mich am Ende des Buches sehr froh gemacht. Denn auch hier: Erst das Ende der Geschichte sagt dir, was für eine Geschichte es war.

Ein Resümee: Liebe ist.

Hier gibt es ein ausführliches Interview mit dem Autor auf der rowohltschen Verlagsseite

 

 

Weihnachtsliteratur Geschenktip – Das Weihnachtsmarktwunder

guenther_rz_2.inddKurz vorm Fest möchte ich Euch ein ganz bezauberndes Buch vorstellen welches in meiner wunderschönen Heimatstadt Dresden spielt. Für mich schon jetzt eines der schönsten Weihnachtsbücher ever.

Ralf Günther hat lange in Dresden gelebt, ist bekannt für seine historischen Romane und beides merkt man meiner Meinung nach dem Buch auch an. Ich kenne natürlich die Straßen und Plätze deswegen weiß ich nicht ob nur ich die Bilder vor dem inneren Auge habe aber ich glaube nicht. Die Stimmung springt von der ersten Seite an sofort über. Ein wunderbarer Schmöker, auch zum vorlesen, vielleicht sogar direkt am Weihnachtsabend unter dem Baum.

Der Protagonist ist ein Junge aus dem Erzgebirge der die Arbeit seiner Familie und eines ganzen Jahres nach Dresden bringt um die Holzfiguren am einzigen Markttag dort zu verkaufen. Am Anfang sieht alles nicht sehr rosig aus, aber wie das so ist in Weihnachtsgeschichten, gibt es einige Helferlein und Fügungen. Eine kleine Heldenreise für Martin aus dem Erzgebirge. So liebevoll geschrieben. Ich möchte nicht mehr über den Inhalt verraten damit Ihr das Selbst entdecken könnt. Es sei gesagt es lohnt sich.

Im Buch gibt es auch noch einige wenige Zeichnungen der Illustratorin Andrea Offermann die das Buch noch schöner machen. Da kommt so viel Herz durch. Wegen mir hätten es gern noch etwas mehr Bilder sein können. Der Stil passt perfekt zur Geschichte.

Also von mir eine dicke Empfehlung – ich hab auch schon mal 2 davon heute mit der Weihnachtspost verschickt. Und für mich wird das lesen dieser Geschichte, wo ich doch die erzgebirgischen Figuren so mag, meine neue Weihnachtstradition zur Einstimmung auf das Fest. Ich mag es Traditionen zu begründen.

Erschienen bei Rowohlt

ganz frisch am 10.12.

140 Seiten, Hardcover

15,00 €

Irmina – Grafik Novel

DSC05666Irmina von Barbara Yelin ist ein wirklich tolles Comic. Mich sprach die Geschichte an und so bestellte ich mir das Buch in der Bücherei und war total baff als ich diesen dicken Brocken vor mir sah – habs grad noch so in meinen Rucksack bekommen, aber damit ist auch der Preis geklärt.

Die Zeichnungen haben mich durchweg sehr angesprochen. Mit einem kräftigen, manchmal suchend erscheinendem, Strich sind die wunderbaren Bilder gezeichnet. In der Nähe ganz grob, erschafft Barbara Yelin doch wunderbare Details die vorallem durch Farbe/Kontraste dargestellt werden.

Die Geschichte spielt ja hauptsächlich in einer düsteren Zeit und das wird durch den dunklen Strich natürlich sehr gut dargestellt – ich bin wirklich sehr begeistert von den Zeichnungen.

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Einige Details – Bitte anklicken zum vergrößeren

Und natürlich hat mich auch die Geschichte gepackt. Nicht nur weil es auch eines meiner Themen ist, sondern weil Sie sehr gut erzählt wird. Es hat mir schon die Tränen in die Augen getrieben. Alle die wir damals nicht lebten, können uns glücklich schätzen.

Achtung Spoiler:

Irmina ist am Anfang des Buches eine junge Frau die eine Ausbildung in England macht – dort aber in Ihrem Umfeld schon ein wenig eine Außenseiterin ist. Mir kommt Sie manchmal ein bisschen schüchtern vor und unsicher. Das lese ich auch sehr aus der Körperhaltung in den Zeichnungen heraus. Sie lernt dann einen jungen Mann kennen, der ebenfalls ein Außenseiter ist, durch seine Hautfarbe. Die beiden freunden sich an und genießen Ihre Zeit zusammen. Durch die politischen Umstände geht Irmina irgendwann das Geld aus und auch Ihre Unterkunft wird gekündigt, so das Sie erstmal zurück nach Deutschland fährt, wo der Irrsinn leider schon voll im Gange ist.

Man versteht es vielleicht nicht ganz warum Sie zurück geht. Aber ich denke es ist sehr schwer für Sie, so allein in England, wo Sie auch nie richtig Anschluß gefunden zu haben scheint und als Deutsche sich immer wieder erklären muß.

Howard Ihr Freund ist sehr mit seinem Studium beschäftigt, und da wo sich Irmina wagt aufzulehnen ist er lieber vorsichtig. Sie bleiben in Kontakt, aber irgendwann kommt ein Brief an Ihn zurück. Und der Kontakt ist nicht mehr da.

Spoiler aus

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Die Geschichte gefällt mir und gleichzeitig macht Sie mich sehr traurig. Eine junge Frau, auch mutig – ein bisschen naiv vielleicht, aber mit Ideen; geht unter im Lauf der Geschichte. Wird auch zu einer Mitläuferin. Aber eigentlich steckt Sie nur in einem normalen Alltag fest, wie soviele Frauen heute auch. Sie heiratet, bekommt ein Kind. Ihr Mann fällt im Krieg, danach bleibt Sie für immer allein, obwohl dieser Mann bestimmt nicht Ihre große Liebe war. Sie scheint mehr auszuhalten als zu leben, und das kommt mir manchmal ziemlich bekannt vor. Es es tut einem im Herzen weh..

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AchtuDSC05670ng Spoiler:

Sehr sehr viel später macht Howard, der Freund von damals aus England aus England Sie ausfindig. Und Irmina fährt nach Barbados. Dort ist Howard ein angesehener Mann und hat im Gegensatz zu Irmina Wohlstand und Familie. Ein wirkliches Gespräch ist nicht möglich…. und trotzdem hinterläßt es ein versöhnliches Gefühl das Irmina nun doch nochmal in Barbados war und beide von sich wissen.

Spoiler aus.

Mein Lieblingsbild ist eines auf dem sehr wenig drauf ist und was auch dadurch sehr viel Stimmung erzeugt.

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Das ganze hat ein, für mich unerwartetes Nachwort, von einem Dr. Alexander Korb. Diesem kann ich mich aber nicht anschließen. Ich lese anderes aus den Bildern.

B. Yelins Stil gefällt mir sehr gut, und zwar so, das ich jetzt nochmal ganz konkret nach Ihren anderen Arbeiten schauen werde. Sie hat auch eine interessante Webseite – Irmina wurde mehrfach ausgezeichnet.

Es gab sogar eine Veranstaltung zum Thema „Comics als Metageschichte – Lesung mit Christina Plaka und Barbara Yelin“.

Wirklich schön diese Mischung von Comic und ernsten Themen – ähnlich wie Michel Kichka – Zweite Generation nur anders eben.

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Irmina

Barbara Yelin

288 Seiten, farbig, 19,5 x 23,5 cm, Hardcover

EUR 39,00

Reproduktverlag

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weitere Rezensionen:

http://www.fr-online.de/literatur/barbara-yelin–irmina–die-ganze-welt-stand-ihr-offen,1472266,28766614.html

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/graphic-novel-irmina-ueber-nazizeit-alternative-zu-deutschland-a-1008601.html

Feminismus auf den Punkt gebracht

DSC05617Ganz zufällig ist mir dieses wunderbare Comic in der Bücherei über den Weg gelaufen. Bin sehr begeistert. Ich mag Comics, vorallendingen solche mit einfacher klarer Sprache und Zeichnung und ganz besonders welche mit Message. Der Feminismus wird ja leider leider immer noch oft total falsch verstanden. Und nach der organisation eines Frauentagsevents war mir klar, das viele jüngere Frauen denken das sowas wie Gleichberechtigung schon real existieren würde. Und viele Männer und Frauen den Feminismus viel zu sehr an den 68igern messen und nur Frau Schwarzer – was eine wirklich mehr als begrenzte Sichtweise ist.

In diesem kleinen Büchlein findet man für wenige 10 € eine super Aufklärung. Erstmal zur Geschichte, Enstehung, Entwicklung und den sogenannten Wellen der Debatte, sowie über verschiedene Strömungen bis hin zu modernen Debatten des Gender-Mainstreamings und des Queerfeminismus.

Man lernt viele Akteurinnen kennen und bekommt einen fantastischen Überblick und wem es vorher nocht nicht klar ist dem wird es danach sein: Wir brauchen Feminismus. Eine soziale Debatte die nicht nur für Frauen wichtig ist. Hier gibts übrigens auch ein schönes Projekt: http://werbrauchtfeminismus.de/. Also ich kann das Buch sehr empfehlen und werd mich sicher auch nochmal anderweitig beim Unrastverlag umschauen, den ich bis dato noch nicht kannte. Es sei noch angemerkt es ist KEIN Buch was sich im gendervokabular verliert sondern läßt sich gut lesen, und hat wirklich ne Menge Infos parat – eingentlich unglaublich viel Info für die wenigen Seiten. Alles super auf den Punkt gebracht, in all seiner Vielfalt.

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Kleine Geschichte des Feminismus

im euro-amerikanischem Kontext

Patu/Antje Schrupp

Unrastverlag

10,00 € / 83 Seiten

Ergänzung: Radiobeitrag

http://www.br.de/puls/programm/puls-radio/puls-spezial/die-neuen-frauenhasser-100.html

Tag 2 – Update – Minathon

Eigentlich wollte ich nur mal kurz anlesen bevor ich mich dem dicken Buch mit Unterhaltungsliteratur und einer leichten Geschichte widmete. Doch ich fands dann so gut das ich dabei blieb: Andreas Altmann mit „Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ aus dem Jahre 2011 – ich weiß nicht wieviel da sp pro Auflage verlegt wird, aber ich habe ein Exemplar aus der 5. Auflage. Scheint also auf Interesse gestoßen zu sein.

Deutschlandradio sagte dazu: „Derb, abrechnend, fesselnd. Ein mahnmal auch gegen Lieblosigkeit….“ Passende Worte. In kurzen durchnummerierten Absätzen schickt uns der Autor durch sein Leben, während er von seinem Elend und seiner pein erzählt, klar, deutlich, unverblümt spürt man trotzdem überall auch Mitgefühl und Wahrheitsliebe. Es sind keine Hasstiraden sondern wie mir scheint bloßes aufzeichnen der Fakten dieser Scheißleben. Ich mag die Art wie er erzählt sehr und spüre Respekt seiner Klarheit gegenüber, die nichts auszulassen scheint und allem einen gelichwertigem Platz einräumt. Leider verlief diese Jungend der „bescheiden“ bzw in deutschlichen „beschissen“ so das nicht viel schönes auf den Seiten zu finden ist. Andererseits was kann es schöneres geben als ehrliches Erzählen ohne falsche Scham oder das vorsichtig sein in der Wortwahl um niemand zu beschämen. Ja es ist rauh und krass wie er schreibt aber anders war diese Geschichte ja auch nicht, die er erzählt und die sein Leben war.

Für mich passt das Buch grade sehr ins Thema der Folgen im Menschlichen des Zweiten Weltkriegs mit dem ich mich schon lange beschäftge. Auch das Buch von Sabine Bode über die 50iger Jahrgänge liegt hier im Stapel. Denn gerne würde ich diese generation besser verstehen. Die die unser Land steuern und meine Erziehungsberechtigten waren.

Zum Minathon gibts heute eine Literarische Fragerunde

 1. Welches der Bücher, die Ihr Euch für den Lesemarathon herausgesucht habt, mögt Ihr bisher am meisten, welches am wenigsten? Warum?

Da ich die meisten noch nicht angelesen habe kann ich dazu leider nix sagen. Nur das Sunset Park für mich ein Flop war.

2. Welche der Figuren, über die Ihr bisher so gelesen habt, hättet Ihr am liebsten selbst erfunden?

Puhhh… so kurz bekommen ich die Figuren über die ich so gelesen habe gar nicht alle in meinen Kopf. Ich mag aufjedenfall viele der Harry Potter Figuren sehr gern. Und eine Bertrada aus einem Kempff Roman, oder auch die Drachenlady aus „Das Lied von Eis und Feuer“ (Game of Thrones) was ich aber nach dem 4. Band aufgegeben habe. Viele Figuren von Schlink gefallen mir gut. Und Peterson und Findus sowie Ronja Räubertochter sind tolle Erfindungen.

3. Welche Romanfigur mögt Ihr derzeit am liebsten? Egal ob aus der akutellen Lesemarathon-Runde oder aus einem anderen Roman.

Das muß ich auch Bertrada anführen, die mir seid Ich Ihr begegnet bin nicht mehr aus dem Gedächtnis gewichen ist. Außerdem mag ich den Tod in „Die Bücherdiebin“ sehr. Die jungen Leute aus „Die Frühreifen“ von Dijan und den Protagonisten aus „Cherryman jagt Mr. White / Jakob Arjouni, den Großvater von „Extrem laut & unglaublich nah“ (finde grade den Artikel auf meinem eigenem Blog nicht), Sascha aus „Petropolis, die Mailorderbraut“,.. usw. das wäre noch eine längere Auflistung….

4. Welche Romanbösewicht ist Eurer Meinung nach am Besten gelungen?

Unglaublich gut fand ich den „AntiHelden“ aus Solar, eben weil er so ausgearbeitet ist, so real und so das ich trotzdem Verständnis hatte und sein handeln durchaus nachvollziehen konnte…

5. Schaut Ihr Euch Videos von Booktubern an? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

ähm, nie gehört aber schätze es sind leute die auf Youtube berichten – also Nein, obwohl ich Youtube sehr liebe. Aber nö. die zeit nutz ich lieber zum selber lesen und erfahren.. die einzigen Büchersendungen die ich mag:  eine die es leider nicht mehr gibt, die von der guten Elke Heidenreich und Druckfrisch (an die ich mich aber erst gewöhnen mußte).

Bis morgen 😉

Und Danke an die liebe Mina fürs ausarbeiten unseres tollen Lesemarathons – endlich mal wieder Bücher in der Hand zu anderen Tageszeiten als Nachts vorm Schlafen…

Wir sind doch Schwestern

DSC05063Den Schmöker hat mir die liebe Mina von Aig an taigh ausgeliehen – Sie macht übrigens über das Pfingswochenende einen Lesemarathon und man kann mitmachen.

400 volle Seiten, das is ja so mein Ding. 🙂

Es geht um das Leben 3er Schwestern und um den 100. Geburtstag der Einen herum entspinnen sich die Lebensgeschichten der 3 Frauen. Es gibt immer wieder Zeitsprünge von heute zu gestern, beginnend mit dem Jahr 1945. Erst war ich deshlab ein bisschen enttäuscht weil ich grade zuviel mit den Themen des 2. Wk´s beschäftigt bin und dachte och nö nich noch son Thema, aber dann wars ok. Denn das Buch ist gute Unterhaltungsliteratur. Aber auf 400 Seiten für 3 Leute ist der Platz natürlich begrenzt und so wird manches eben weniger ausgiebig erzählt um den Höhepunkten dann etwas mehr Raum geben zu können. Auch wenn sich alles um den 100. Geburtstags Gertruds lang hangelt ist die Hauptperson doch eher Katty. Ihren Namen konnte ich am Schluß schon nicht mehr „hören“. Katty hier Katty dort. Ansonsten sind die 3 Schwestern doch auch ein Buch über die Emanzipation die im Leben so und so passieren kann. Und auch ein Zeugnis dafür wie unterschiedlich sich Wege entwickeln können. Am schönsten sicherlich das alle 3 Schwestern eben diesen besonderen Geburtstag feiern können und nebenbei auch noch Ihre Beziehung aufarbeiten und Frieden schließen mit sich und Ihrer Geschichte.

Der Trafikant

DSC04360Charmant ist das Wort was für mich dieses Büchlein nach dem ersten Lesen, am besten beschreibt. Bis ca. 3/5 des Buches ist es recht leichte und nette Lektüre, trotz der Zeit in welcher die Geschichte spielt. Umso härter kommt es dann.

Das Buch hat mir das ein und andere Lächeln ins Gesicht gezaubert. Doch dann wendet sich das Leben hier schlag auf schlag – von der Ahnung war schon vorher die Sprache. Als Einschlaflektüre gedacht fesselte es mich so sehr das da nix mehr mit schlafen war und ich nur schwer aufhören konnte. Allerdings wird es leider nicht leichter, was da erzählt wird.

Ich hatte irgendwie ein bisschen was anderes erwartet anhand des Umschlagtextes. Aber so ist es ja oft. Aufjedenfall kann ich es sehr empfehlen auch wenn es kein fröhliches Buch ist. Herr Seethaler hat eine sehr schöne Erzählsprache und schafft es ganz wunderbar atmosphärisch den Leser/die Leserin hineinzuziehen so das fast eine eigene Sinneswahrnehmung stattfindet. Wirklich schön und so lesenswert. Also der Autor interessiert mich jetzt sehr. Ich frage mich ob er auch Hochsensibel ist oder einfach die richtigen Wörter an die richtigen Stellen gesetzt hat. Aber ich denke so eine Sprache muß man im Gefühl haben die läßt sich nicht wirklich bauen und lernen, sondern das hat man und kann man, oder nicht.

Ich möchte das Buch gerne weitergeben und verlose es zum Nikolaus. Wenn Du es gern haben möchtest schreibe bitte einen Kommentar. Die Auslosung findet am 6.12. statt. 🙂

Beste Grüße für einen schönen 1. Advent morgen.

Ps.: lustigerweise kam justamente gestern im Radio ein Bericht über den Pilgerort in London – wo Freud damals hingeflüchtet war, über sein Haus im Stadtteil Hampstead, wo heute seine Couch zu bewundern ist. Viele Fans kommen von weither gereist und manch einer hat wohl heftige Gefühlsausbrüche wenn er davor steht. Hat sich wahrscheinlich die Energie abgespreichert, in diesem Möbelstück.

Freud wählt nicht lange nach seiner Flucht den Freitod – er litt viele viele Jahre an Gaumenkrebs und konnte am Ende kaum noch sprechen. Wie natürlich das früher möglich war. Das wünsche ich mir auch für heute.

Nachtrag:
Was mich im Nachgang stört am Buch ist der extrem positive Blick auf Herrn Freud, der für die psychische Gesundheit von Frauen leider nicht sehr förderlich war. Er prägte den Begriff der Hysterie neu, der bis in die 50 Jahre hinein pathologisch verstanden wurde. Als Diagnose wurde es später ersetzt, anders benannt.
Freud hatte viele Klientinnen, und viele waren von Missbrauch betroffen, auch damals tief verankert in der Gesellschaft, die damals ja noch von Männern beherrscht wurde. Dieser Missbrauch wurde als Phantasie umgedeutet von Freud, weil er damit besser ankam bei seinen Kollegen. Aufschlussreiches lässt sich bei Liv Strömquist und Sandra Konrad dazu nachlesen.
Bis heute prägt dieser Begriff die Gesundheitsfürsorge für Frauen, immer noch werden sie schnell als hysterisch bezeichnet anstatt das man genauer schaut was Sache ist. Hysterie ist ein abwertender Begriff gegenüber des Lebensausdrucks von Frauen – in Hinblick auf das Frauenleben im Lauf der Geschichte fatal.

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