Nun habe ich den ersten Teil von „Der Laden“ beendet. Leider war der 2. Teil in der Bibo nicht vorrätig, nun heißt es abwarten. Bin schon sehr neugierig wie es weitergeht. Der Name Strittmatter ist mir natürlich geläufig gewesen. Bisher hatte ich aber nur Gedichte seiner Frau gelesen, aus dem Buch „Leib und Leben“ – und sie gingen mir sehr nah.
Herr Strittmatter ist politisch betrachtet eine Person über die es sich streiten läßt, aber ich mag mir hier kein Urteil dazu anmaßen. „Der Laden“ in seiner epischen Erzählweise über die Menschen des ländlichen Ostdeutschlands/Sorbischen Landstriches, Ihres Lebens und Wirkens hat mir sehr gefallen. Besonders beeindruckend und schön fand ich die Wiedergabe der sorbischen Mundart und die verschiedenen Sprachvergleiche.
Der Esau war ein Träumer, ein sensibler Junge, der in tiefer Verbindung zu allem stand und mitfühlte. Vielleicht war er auch ein Hochsensibler.
„Hätten Sie mich enttäuschen können, wenn ich Sie gesehen hätte wie sie waren und wie sie noch immer sind und nicht, wie ich mir wünschte, das sie hätten bleiben sollen?“
Auf jeden Fall gefielen mir seine detailreichen Beschreibungen und Geschichten. Und vorallem auch das Nachlesen von Zeitgeschichte aus erster Hand.
„Vom Elektrischen in Bossdom behauptete Großvater, es versaue ihm die Dunkelstunden. Dunkelstunden gehören zu Großvaters Leben. […] Das Simselieren leitet er allemal mit dem Motto ein: Ich muß mir Weile von drinne besehn!“
Ich mag ja Traditionen sehr und auch Trachten und Mundart und vorallem auch Volkslieder finde ich sehr spannend. Esaus Vater hat früher auch immer gesungen und es gab auch eine Singgruppe in Grodk.
Die Mehrheit der Deutschen lehnt ja, zumindest meiner Wahrnehmung nach, die eigene Geschichte immer noch so sehr ab (aufgrund des Nationalsozialismus und der DDR Zeit). Dabei ist die Tradition etwas, was uns über unsere Wurzeln aufklärt und sehr viel Halt geben kann, und vorallem auch ein Zugehörigkeitsgefühl welches in Deutschland unbedingt mal wieder etwas ausgebaut werden sollte.
Ich als Ostdeutsches Kind habe kaum Volkslieder gelernt. Nur meine Oma sang das eine oder andere mit mir, Sie konnte aber immer nur eine Strophe. In der Schule haben wir später auch nicht sehr viel gesungen. Inzwischen habe ich ein Buch dazu, nur mit den Noten haperts noch.
Dazu noch einen Filmtip. (ich hoffe ich kann den Film auch nochmal sehen). „Sound of Heimat“
Nachtrag:
Nun las ich den 3. Teil von Erwin Strittmatters Laden. Wie ich schon woanders bemerkte setzt dieser 3. Teil erst nach dem 2. Weltkrieg wieder ein. Ich bin immer noch auf der Suche nach dem Buch was vom dazwischen erzählt. Alles in allem berichtet er schon viel in Rückblenden. Und wenn ich es so vergleiche scheint von der Naziideologie nicht so viel in den Dörfern der Heide angekommen zu sein. Aber vom drumrum immer noch genug, also zuviel.
Insgesamt finde ich den 3. Ladenteil allerdings etwas stockend und viel weniger im Fluß beim erzählen und den Zeitsprüngen als dies bei den anderen beiden Teilen der Fall war. Aber immer wieder schön. Hauptsächlich wird sehr genau und eindringlich von den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg berichtet. Über Liebe, Lust, Beieinanderliegen und Beziehungen der einfachen Landbevölkerung erfährt man nebenbei auch einiges. Und das klingt irgendwie ganz anders als das was die NS Oberen so wollten.
Ich glaube ich fahr da mal hin. Mag die Heede und Spremberg mal sehn und unbedingt dem netten Dialekt lauschen. Zum Abschluß ein Zitat: Strittmatters Mutter:
Vor zwee, drei Joahren sollten wir mit deutschem Gruß unterschreiben, jetzt solln wa mit sozialistischem Gruß, sagt die Mutter, doa hat sich nich groß was verändert. Ich für meinen Teil soage jedenfalls weiter gun Tag!
Recht hat Sie…
Erschreckend wie das im Osten nach den Nazis mit den Sozialisten weiterging. Und sich heute genau solche Tendenzen, die diese beiden Gruppierungen gemeinsam hatten, immer wieder in unserer sogenannten Demokratie zeigen…. die ewige Geschichte von Staat und Volk? Ich stell mir das anders vor.