Masse versus Achtsamkeit

 

Im Netz, unter Bücherbloggern und BücherNerds scheint es, wie im Leben da draußen, Wettbewerbe zu geben. Wer hat mehr, wer größer, wer länger und wer am meisten. Und wer kann wie lang. Vorallem Lesen. „Boah soviele Bücher hast Du geschafft“, die und die Liste abgearbeitet, oder zumindest jene zur Kenntniss genommen und Kaufrausch, Wunschzettel in Langfassung etc. etc. etc. Gibts eigentlich Schnelllesewettbewerbe? Wahrscheinlich schon. Ich weiß zumindest das es Schnelllesekurse gibt, auch Querlesen genannt.

Ok.

Und? Was bringt das? Möglichst viele und möglichst schnell gelesen zu haben? Was weißt Du noch von diesem einem Buch nach 5 h, nach 3 Tagen, nach 1 Jahr oder nach den nächsten 4 Büchern? Was ist überhaupt hängengeblieben? Oder ist etwas hängengeblieben? Was ist die Kunst daran schnell und viel zu lesen? Wozu das Ganze? Wahrscheinlich bleibt nur von diesen ganz bestimmten und ganz besonderen Büchern was hängen oder zumindest die Ahnung einer Stimmung zurück. Der Masse an Information werden wir in diesem Leben nicht mehr Herr. Die Kunst ist eher auszuwählen was genau für Dich wirklich zählt.

Ich glaube nicht das man ein Buch nach einmaligem Lesen wirklich erfasst hat. Auch wenn das bloggen darüber wahrscheinlich hilft sich selbt und den eigenen Lesegenuß zu reflektieren. Mit Büchern ist es wie mit Käse, Wein und guter Kunst. Das was gut ist bleibt … in Gedanken, im Geschmack, im Wert…

Die Krux daran das „Gute“ oder auch Besondere ist nicht auf einen kurzen Blick zu erhaschen und auch nicht der erste Eindruck zählt. Nebenbei gesagt ich glaube nicht an die Liebe auf den ersten Blick. Sicher gibt es immer eine Einschätzung nach den ersten Sekunden. Und wir öffnen die entsprechende Schublade. Aber das ist auch ok und notwendig um uns in einer sich immer mehr wachsenden und zersplitternden Welt zurecht zufinden. Orientierung zu haben. Aber worauf es ankommt ist das danach. Einen 2. Blick zu riskieren. Meinung auch revidieren zu können und Dinge oft zu betrachten, tiefer einzutauchen, Schichten zu entblättern, verschiedene Perspektiven zu entdecken…und der Geschmack ist nur richtig zu schmecken wenn Wir uns Zeit geben, ihn auf der Zunge zergehen zu lassen und mit möglichst vielen Sinnen zu genießnen. (Fast schon) Meditativ.

Ich lade ein zum mehrfach lesen. Statt sich immer neues zuzuführen. Ein Buch wirklich 2 mal, 3 mal, 4 mal und mehr zu lesen. Es sich wirklich zu Eigen zu machen. Und ganz tief einzutauchen in diesen ganz besonderen Zwischenraum der nur Dir und diesem Buch gehört und gehören wird. Diese ganz bestimmten Zwischenraumgefühle wahrzunehmen, und die vielen Ebenen zu entdecken, auch um ein Bild von diesem einen Buch zu bekommen was so Facettenreich ist wie das Leben selbst.

Stopp die Masse – nehme wahr!

 

 

Anfang und Ende

Schon oft habe ich gelesen, das der erste Satz in einem Roman besonders wichtig sei. Und auch das dieser vielen Schriftstellern schwer zu schaffen macht. Phillip Djian meinte auch in einem Roman, das die meisten MöchtegernAutoren grundsätzlich gern mit atmosphärischen Wetter- und Klimabeschreibungen anfangen (ich muß sagen das ist auch eine meiner Spezialitäten). Im Roman wurden diese Buchvorlagen leider sofort aussortiert.

Wie suchen Sie sich Bücher aus? Anhand der ersten Seite, oder des ersten Satzes? Ich nicht. Ich schlage das Buch per Zufall auf und fange an zu lesen, und wenn es mich dann fesselt, hat es gute Chancen. Das ist auch später dann sehr schön wenn ich wieder zu dieser schon gelesenen Stelle komme, denn dann ist da sowas Vertrautes, was mir das Buch gleich noch ein Stück näherbringt. Und mich Verbindung fühlen läßt. Dem ersten Satz habe ich selten wirklich Beachtung geschenkt, nur wenn er wirklich besonders war, oder mich ins stolpern brachte. Aber ich muß auch zugeben das wiederholte Lesen schon gelesener Bücher fängt bei mir gerade erst an. Und ich freue mich drauf schon Erfahrenes neu zu erfahren.

Kürzlich las ich „Owen Meany“ von John Irving zum 2.mal, ein Buch was ich lange verehrt hatte. Tja, was soll ich sagen, es war immer noch schön, aber nicht so schön das ich es behalten habe. Mals schaun wie das mit „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ wird, mein Lieblingsbuch von Irving.

Nun, ich schweife ab. Das Ende. Das Ende war mir eigentlich wichtig, bzw. ist es das worum es mir geht. Das Ende finde ich viel wichtiger als den Anfang. Das Ende in einem Buch ist immer absolut und hat selten den Beigeschmack einer langsamen Ausblende. Irgendwie passiert es meistens recht abrupt. Fast immer mit einem Punkt. Und dann wars das. Schluß, Aus, Finito.

Das Ende bestimmt wie die ganze Geschichte dasteht. Erst am Ende und an der Art des Endes ist zu erkennen was die Geschichte zu sagen hat. Am Ende und im Rückblick erst gelingt uns die Deutung der Geschichte und der Vergangenheit. Das Ende trifft die ausschlaggebende Aussage was die Geschichte war, ist und bedeutet. Das ist im Leben so, wie in den Büchern. Wie sollte es auch anders sein. Erst an der Peripherie haben wir den Überblick.

Markus Zusak – Die Bücherdiebin

Eines der wenigen Bücher die mich zum weinen gebracht haben. Ein unglaubliches Werk. So tief, so offen, und trotz des schrecklichen Themas so heilsam.

Und der Tod wie ich Ihn mag in diesem Buch, wie er liebevoll die Menschen in seine Arme nimmt und davon trägt.

Ein Mädchen was ein neues Zu Hause findet, bei „Ihrem“ Papa. Der Papa ein liebevoller Vater meiner Träume.

Und sie liest, sie liebt die Bücher, genau wie ich!

Freundschaften, Krieg, Elend, Verfolgung, Rettung…

Lieber Herr Zusak tausend Dank für dieses Buch!

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