Dazwischen etwas aus Südkorea: Die Vegetarierin – das Hörspiel

Die Vegetarierin, Hörspiel nach dem Roman von Han Kang – Fleischlos, auf das nötige reduziert?

Bis 13.8. kann das Hörspiel über den SWR2 noch angehört werden.  Und hier beim NDR noch bis September. Und falls euch asiatische Literatur interessiert, würde ich mir das nicht entgehen lassen. Obwohl das Buch schon länger auf meiner Wunschliste stand habe ich es bisher nicht gelesen. Ich spreche hier jetzt vom Hörspiel. Und das war ein wirklich intensives Erlebnis. Sehr beeindruckend. Eine starke Geschichte, die mich gleich in ihren Bann gezogen hat.
Yeong Hye ist bisher eine einfache und brave Ehefrau gewesen, hat das getan was ihr Mann erwartet hat. Beide führen eine leidenschaftslose Ehe. Zuerst berichtet ihr Mann.

Yeong Hye hatte einen Traum und sortiert von da an alles Fleisch aus dem Kühlschrank aus.  Ab sofort gibt es nur noch fleischloses Essen und ab sofort lehnt sie jedwede Nahrung mit tierischen Produkten ab. Der Ehemann ist sehr verärgert. Die Ehefrau schweigt.

Gradlinig wird die Geschichte erzählt, mit nur wenigen Worten macht uns die Autorin klar was Sache ist. Was für ein unangenehmer Mensch z.b. der Ehemann ist. Oder wie wenig mitfühlend die Eltern sind, die sich extrem einmischen in die Ernährung ihrer Tochter. Vor allem der Vater erwartet, daß selbst die erwachsene Tochter ihm gehorcht. Yeong Hye bleibt aber ganz gradlinig, ohne ersichtlichen Aufruhr, bei ihren Ansichten. Keiner fragt nach ihrem Traum, aber alle wollen das sie wieder „normal“ wird. Einzig ihre Schwester scheint das ganze mit etwas Sorge zu betrachten.

Fleischlos wirkt auf mich auch die Erzählweise dieser Geschichte, auf das nötigste reduziert. Gerade mal 72 min. lang. Das Original Hörbuch geht über 5 Stunden. Vieles wird nur angedeutet und ist trotzdem sehr klar. Unterstrichen wird das ganze hier beim Hörspiel durch die reduziert eingesetzte Musik, bzw. von einem Tönen. Ja es sind mehr Töne als Musik. Teilweise sehr düster.

Wichtig für die Geschichte ist zu wissen das es eine koreanische Geschichte ist. Dort ist der Vegetarismus ganz etwas anderes als in unseren Breitengraden und eine echte Rebellion.

Die junge Frau wird immer dünner und hört irgendwann ganz zu essen auf. Und es scheint nur einen Menschen zu geben der sie wirklich sieht. Der die Schönheit begreift mit der sich Yeong Hye „befasst“. Doch die Schwester erzählt uns noch eine andere Geschichte.

Absolut poetisch, emotional, berauschend und sinnlich.
Patriarchale Strukturen und Vegetarismus als zerstörerischer Akt der Gegenwehr.

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Die Vegetarierin, Hörspiel nach dem Roman von Han Kang

Übersetzung aus dem Koreanischen: Ki-Hyang Lee
Bearbeitung und Regie: Irene Schuck
Mit Paul Herwig, Meike Droste, Judith Engel,Wolfgang Pregler, Michael Wittenborn, Jonas Minthe, Hedi Kriegeskotte, Franz Ferdinand Möller-Titel, Achim Buch, Anne Moll, Stefan Haschke, Sebastian Rudolph u.a.
Produktion: NDR 2017

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Die Autorin:
Han Kang wurde in Gwangju, Südkorea, geboren. 1993 debütierte sie als Dichterin, seitdem erschienen zahlreiche Romane, die unter anderem mit dem mit dem Yi- Sang-Literaturpreis, den Today’s Young Artist Award und dem Manhae Literaturpreis ausgezeichnet. Für „Die Vegetarierin“ erhielt sie 2016 gemeinsam mit ihrer Übersetzerin den Man Booker International Prize. Zuletzt erschien von ihr bei Aufbau der Roman „Menschenwerk“, der ebenfalls für den Man Booker International Prize nominiert war und mit dem renommierten italienischen Malaparte-Preis ausgezeichnet wurde. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.

Das Buch:
http://www.aufbau-verlag.de/index.php/die-vegetarierin.html

https://www.welt.de/reise/Fern/article123431798/Wenn-das-Essen-vom-Teller-zu-kriechen-versucht.html
https://abenteuerinasien.wordpress.com/2016/06/09/ein-vegetarier-in-korea/

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