Bernhard Schlink – Das Wochenende

Ich konnte nicht widerstehen und mußte in der Bibliothek unter „S“ schauen ob nicht doch noch ein Buch von Herrn Schlink zu bekommen ist.

 

Also da stand es, dieses dünne Buch, mit dem unscheinbarem Titelbild, was ich diesmal nicht ganz so passend finde -Landhaus in Hilversum – Max Liebermann. Das Buch war mir schon mal an gleicher Stelle über den Weg gelaufen, aber erst jetzt war wohl die Zeit gekommen, da ich es lesen sollte. Ja, ich denke es war wichtig das ich vorher die Sommerlügen gelesen hatte.

schlink_daswochenendeEs geht eigentlich um einen ExTerroristen – eine RAF Geschichte sozusagen. Und um das Thema Terrorismus, Vergebung – oder auch NichtVergebung, Vergessen. Um Beziehungen, Liebe und eben das Leben – in welchem Buch geht es nicht darum? Zitronentarte erwähnte das Buch, ihr hat es auch sehr gut gefallen. Ich fand sonst durchgehend negative Rezensionen über das Buch – was ich überhaupt nicht verstehen kann. Es ist ein Kleinod. Jemanden der so schreibt hätte ich gern als Mentor.

Für mich spielt die Terrorgeschichte nur eine zweit- oder gar drittrangige Rolle. Ich will diesem Teil der Geschichte nicht Ihre Bedeutung absprechen und finde Sie ganz wunderbar untergebracht und auch vom Dramabogen her, absolut schön inszeniert. Aber was mich viel mehr packt ist die Geschichte des Alterns. Die Figuren in diesem Buch sind durchaus beschenkte Menschen, kennen Sie sich doch schon von vor langer Zeit. Wer kann das in meiner Generation der gezwungenen Flexiblen schon noch wirklich sagen. Manche Protagonisten bleiben blass (das einzige Manko der Geschichte) und ich kann Sie bis zum Ende nicht richtig einordnen. Aber die, von denen wirklich erzählt wird, haben und hatten ein Leben – nicht das was Sie sich wünschten (hach, es geht also auch anderen so). Und die Stimmung dieser Erzählung trifft bei mir auf einen Nerv. Wie schön, im Sinne von aufregend, erregend, spannend und klärend muß es sein, Menschen nach 20 Jahren wieder zu treffen und sich in Ihnen neu zu spiegeln, mit dem Hintergrund eines: damals kannten wir uns so und so, und vor allem war ich so und heute bin anders – sehr viel oder ein wenig? Mich hat die Geschichte so gefesselt das ich sogar vergessen habe Markierungen zu machen. Nun ja, ich werde mir das Buch noch besorgen, denn ich muß es unbedingt nochmal lesen.

Das andere was mich wirklich sehr getroffen hat ist die Beschreibung des Landes, des Grundstücks, des Hauses, des Treffpunktes, die kleinen Details. Brandenburg. Auch ich habe einen besonderen Bezug zu einem Ort in diesem Landstrich. Ja, da kam viel Erinnerung hoch. Und meine tiefe Sehnsucht nach Natur, nach gluckerndem Bach, nach Gras unter meinen Füßen und der besonderen Stille von Wald und Feld und Weite, den Geräuschen der Insekten. Der „Geschmack“ einer Bank unweit von einem eigenem Haus entfernt, und einem Platz zum Schreiben. Der Klang von Schnürsenkelregen und der feuchten Erde, auf welche die Sommersonnenstrahlen später treffen, dieser besonders Duft danach, …und die Vögel zum singen bringen…. gereiftes und gewachsenes was jetzt bereit ist aufgeschrieben zu werden…

Ja, ein sehr sehr schönes, tiefes, tröstendes, trauriges Buch voller kleiner Genüsse. Und eins der Bücher die mir wirklich aufs innigste aufzeigen das ich ohne Bücher nicht leben mag. Es ist ein schräges Gefühl einen bestimmten Schreibstil zu entdecken, wo mir nach dem Lesen nach mehr verlangt. Ich das Gefühl habe mich in den Wörtern, Ihrer Anordnung und vor allem Ihren Bedeutungszusammenfügungen suhlen zu können, und mögen, wie zwischen kuschligen frisch gemangelten Betttüchern an einem hellen freundlichen Frühlingsmorgen.

Ps.: mir ist aufgefallen das viele Zeitungsrezensionen deshalb schlecht sind, weil sie ungenau sind, und dadurch etwas falsches dabei rauskommt.

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