So ganz sicher waren sich die Kuratoren wohl nicht um welches Thema sich diese Ausstellung dreht, hier steht Sprachlosigkeit, dort steht Lautlos, woanders Trauma und Heilung. Wer weiß vielleicht haben sie selbst den passenden Ausdruck gesucht. Es klang vorallem sehr sehr Interessant für mich, die sich mit Sprache, Erinnerung, mit Trauma und Geschichte befasst. Leider habe ich sehr spät von der Ausstellung erfahren, was mich immer noch irritiert, und konnte nur die zwei letzten Tage nutzen. Am allerletzten Tag war sehr viel los, inklusive Veranstaltungsprogramm, aber zum Glück war ich den Tag vorher schon ausgiebig durch die Räume geschlendert. Von bunten Ecken und Tafeln wurde man zum Start geleitet:




Es gab eine Warnung, verständlicherweise, denn es wurde viel Gewalt thematisiert. Ich glaube das habe ich bisher noch in keiner Ausstellung so erlebt. Ich seh das Thema des Traumas überall aufploppen, und vieles was ich jetzt gleich sehen würde kommt durchaus in aktuellen Diskursen vor. Das kann ich nur begrüßen. Aber Trauma im Museum? Schon eigenartig.




So startete ich neugierig und frisch desinfiziert zu meinem Rundgang. Die Besucher verteilten sich gut, so daß man Räume auch allein erleben konnte. Dadurch das einige Räume ein richtiges 3 dimensionales Raumkonzept hatten war das grandios. Hier im linken Bild habe ich ein Panorambild aufgenommen. Man konnte sich in eine Art rote Box setzen, sobald man hineintrat kam auch Ton dazu, und von dort aus überblickte man den roten Boden mit seinen starken Worten. Also so ganz sprachlos war es an dieser Stelle noch nicht oder vielleicht auch nicht mehr. Der Mensch sucht nach Ausdruck, auch für das „Nicht-Aussprechbare“. Worte nehmen hier immer einen ganz besonderen Stellenwert ein, wenn es um Traumata geht. Sie haben Gewicht.




Schon dieser erste Raum zeigt auf, dass Trauma eine körperliche Sache ist. Ich bin erfreut das Poesie hier eine Rolle spielt, nutz ich diese doch auch gern selbst und habe in meinem Kriegsenkelkontext immer wieder dazu angeregt spielerisch mit dem zu arbeiten was da auftaucht. Die Worte die sich finden lassen aufzuschreiben und zu bewegen. Auch schwere Themen lassen sich mit einfachen Mitteln angehen. Manchmal ist das Einfache gar die beste Möglichkeit.




Celan – Sprachgitter
… und jede Menge Deutungen; ein Netzwerke entsteht und eine ganze große Welt eröffnet sich in einem kurzem Text.
Auch wenn niemand unsere Texte jemals so ernsthaft untersuchen würde, können wir uns dieser Idee durchaus auch umgekehrt annehmen, vielleicht passiert das auch schon automatisch. Denn Metaphern sind doch immer hilfreich in der Poesie und unsere eigenen Themen werden wir so oder so mit hineinweben.
Es gab auch einige Workshops zur Ausstellung, die hab ich natürlich auch verpasst, dadurch das ich es erst so spät mitbekommen habe. Wäre sicher interessant gewesen.
An diesem Punkt der Ausstellung war mir noch nicht klar wo ich gelandet war, aber im nächsten Raum eröffneten sich dann auch schon ganz andere Welten. Das Thema Kolonialismus – welches immer noch besprochen werden muss – findet hier einen Raum, der großartig mit einer Installation genutzt wird, aufklärende Zeittafeln daneben. Zwischen Kunst und Reflektion und Fakten. Die ja gar nicht so geläufig sind, wenn man sich mit dem Thema nicht befasst hat. Ich weiß gar nicht ob das heute wenigstens in den Schulen dran kommt. Die Filmindustrie hat sich dem Kolonialismus und der Unterdrückung und Quälerei über Generationen schon länger angenommen, und dort bin ich in meiner Jugend auch erst auf das Thema gestoßen, ich fand die Zahlen zum Thema hier sehr wichtig, um überhaupt eine annähernde Vorstellung zu bekommen.




Das Thema würde aufjedenfall eine eigene Ausstellung verdienen, soviel gäbe es zu berichten, vielleicht kommt das ja noch. Ab hier verschwimmen dann gefühlt Realitäten und Kunst und genaue Blicke sind vonnöten um festzustellen das manches was nun folgt ein modernes Kunstwerk ist, eine Art Sammlung zur Darstellung – Objekte, ergänzt mit Zeichnungen und Schriften, magische kleine Teile, Figuren, Fläschen, Karten, Krüge… Genaueres lest ihr auf dem Schild:



Und dann mitten im Raum, eine Heilungsdecke, mein Lieblingsstück:




Wie verrückt im Museum eine selbst erfahrene und entdeckte Weisheit zu finden, die eigentlich uralt ist, von einem mir ganz unbekanntem Volk aus Marokko. Das zeigt wieder die universellen Themen gibt es in jeder Kultur und unsere Lösungen und Hilfen sind sehr ähnlich, unterschiedlich aber in der Haltung, Wertschätzung, Lebendigkeit und Achtsamkeit. Rituale und rituelle Gegenstände als Weg der Heilung; unterstützend, schützend, begleitend, bei uns kaum noch zu finden, aber wie ich denke stark aufgeladen und enorm hilfreich.
Ich denke an mein Projekt Heildecke, was viele Frauen mit mir zusammen für 2 kranke Menschen durchgeführt haben. Magie und Kraft „eingewebt“ in eine Decke, genau wie hier.


Und neben der echten alten Heilungsdecke gab es eine Installation einer Heilungsjacke und ein echtes altes magisches „Kleid“