Japanbücher – Teil 3 von 5

Erinnerungen aus der Sackgasse von Banana Yoshimoto – von Naiv bis Abgeklärt

Bei diesem Buch von Frau Yoshimoto stehe ich vor einem Rätsel. Zwei Bücher von ihr habe ich bisher gelesen – Sly und Kitchen. Beide habe ich für gut befunden und es gibt auch noch einige die mich interessieren würden.
In „Erinnerungen aus der Sackgasse“ scheint mir alles etwas rund gelutscht, und dadurch irgendwie sperrig und befremdlich, ich weiß nicht ob ihr das verstehen könnt.
In jeder Geschichte steckt Traurigkeit, es geht immer um nahe Beziehungen, Liebe und Freundschaft, etwas geht verloren. Aber irgendwie scheint es nie so richtig schlimm, weil da immer eine Art weiche Wattewolke auftaucht um die Figur aufzufangen. Da läßt sich Schmerz natürlich besser verarbeiten, wenn da immer noch etwas ist, sei es das Hinterzimmer in der Kneipe des Onkels inklusive nettem Barkeeper, oder sei es die Familie und ihr Restaurant. Vieles kommt mir doch sehr gestrigelt und gekämmt vor. Zu glatt und irgendwie auch kindlich erzählt. Zwischendurch dann aber immer wieder eine abgeklärte auch manchmal deftige Sprache, die so gar nicht dazuzupassen scheint. Große Gefühle kamen bei mir nicht auf.

Ein wirklich merkwürdiges Buch. Und als ich das Nachwort lass war meine Verwirrung vollständig. Banana Yoshimoto erzählt wie anrührend für sie selbst die Geschichten waren. Sie erzählt davon qualvolle Erinnerungen abzulegen, und das ihr vor allem die letzte Geschichte, die wie das Buch heißt, sehr sehr wichtig war zu erzählen. Allerdings kenne ich es auch das es gerade dann am schwierigsten wird, weil man nicht genug Abstand hat zur Geschichte, die es zu erzählen gilt. Das erreicht dann die Leser*innen nicht besonders gut.
Auch wenn Frau Yoshimoto meine kleine Rezension sicher nicht lesen wird, möchte man ja keinem Menschen zu nahe treten der es schafft so ein ganzes Werk zu vollbringen und hier vielleicht seine wichtigsten Geschichten versammelt hat. Also lies ich mir Zeit und suchte nochmal nach einem neuem Gefühl für das Buch, aber das will nicht kommen. Manchmal ist es ja durchaus so, das Geschichten ihren wahren Gehalt erst im Nachgang ausbreiten.

In der ersten Geschichte – Das Geisterhaus – trifft sich ein Paar, und dann geht es wieder auseinander um Erfahrungen zu sammeln und sich fortzubilden – das ist so ein bisschen traurig, aber auch nicht richtig. Dann finden sie wieder zusammen, und das ganz selbstverständlich. Es geht auch um Geister, aber eher viel um kulinarisches und die jeweiligen Familienbetriebe. Und ich habe keine Ahnung was mir diese Geschichte sagen soll, ich empfinde sie als sehr seicht und auch zu lang. Eine kleine Moral gibt es am Ende, aber für mich jetzt nichts erhellendes.
Die zweite Geschichte, die hat mir noch ganz gut gefallen, heißt „Maamaaa!“ Eine Frau bekommt ausversehen vergiftetes Essen in der Kantine. Sie überlebt und nichts ist mehr wie vorher. Sie beginnt dem Gift in ihrem bisherigen Leben nachzuspüren.
Hier können wir einerseits einer interessanten Auseinandersetzung der Protagonistin folgen, gleichzeitig kommt einem aber eben auch immer dieses weiche „Aufgefangensein“ in Form von Großeltern, Freund, Heirat usw. entgegen.
Ich hatte mir das Buch ausgesucht, weil es auf dem Buchrücken heißt, daß auch in den tiefsten Sackgassen Glück zu finden ist – hier erscheint mir das aber immer etwas arg herbeigeholt oder danebengestellt. Das ist mir zu kitschig und zu weit weg vom Leben wie ich es kenne. ein wenig so wie in diesen Hollywoodschinken.
In der dritten Geschichte geht es um eine besondere Freundschaft, und einen tragischen Todesfall. Diese Geschichte ist wirklich sehr traurig, und ich würde sagen die Beste im Buch. „Überhaupt nicht warm“ ist der Titel.
Tomos Glück heißt die vierte Geschichte. Eine junge Frau die Einiges durch hat und sich verliebt, aber darum geht es gar nicht so, ich finde die Story läuft so vor sich hin, nur um am Ende eine Feststellung zu treffen, schade.
Und die letzte Geschichte ist eben die, des Buchtitels: „Erinnerungen aus der Sackgasse“. Eine echt miese Trennung treibt eine junge Frau zur Veränderung. Sie kriecht über der Kneipe des Onkels unter und trifft dort einen Barkeeper mit dem sie sich anfreundet und der ihr hilft die Trennung zu verarbeiten. Viel Lebensphilosophie, Gespräche und naja so diese üblichen Wege in solchen Geschichten. Hätte ich auch nichts dagegen diese Protagonistin zu sein. Vielleicht kennt ihr das Lied: „Ein Freund ein guter Freund, ist das beste was es gibt auf der Welt….“

Insgesamt finde ich zog das Buch sich doch sehr, und teilweise war ich echt irritiert von der Audrucksweise. Das manchmal etwas kindliche im Erzählstil fand ich auch anstrengend, aber das konnte ganz schnell umschlagen ins Analysierende hinein. Nicht mein Buch, werde mir aber die anderen auf meiner Liste schon noch anschauen. Es ist ja auch selten so, daß einem von eine*r Autor*in alles gefällt.

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Erinnerungen aus der Sackgasse
Fünf Erzählungen

Aus dem Japanischen von Annelie Ortmanns

Diogenes Verlag, 18,- €

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Banana Yoshimoto, geboren 1964, hieß ursprünglich Mahoko Yoshimoto. Ihr erstes Buch ›Kitchen‹ schrieb sie, während sie als Kellnerin in einem Café jobbte und sich dort in die Blüten der ›red banana flower‹ verliebte, daher ihr Pseudonym. Es verkaufte sich auf Anhieb millionenfach. Ihre Bücher erreichen auch außerhalb Japans ungewöhnlich hohe Auflagen.

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