Ein echt dicker Schmöker, da hab ich jetzt einige Tage dran gelesen. Die deutsche Übersetzung erschien Anfang April 2014 – weshalb es mich wundert das ich kaum andere Besprechungen auf Blogs gefunden habe, außer einer kurzen Notiz bei Perlentaucher. In der Presse dagegen wurde das Buch mehrfach gut besprochen.
Es hat sich insgesamt sehr gelohnt – ich mag ja auch dicke Bücher besonders gern – 600! Seiten. Das Ding ist bei „Americanah“ – es geht um ganz andere Lebenswelten – Welten die jetzt in der Literatur nicht unbedingt häufig auftauchen und auch von daher schon Preisverdächtig – eine kluge und differenzierte Stimme aus Afrika. Für mich war das Buch ein „Must read“ auf meiner Leseliste; vielleicht auch weil es mehrfach als bestes englischsprachiges Buch 2013 bezeichnet wurde, aber ich glaube vor allem weil ich als Feministin über die Autorin gestolpert bin. Sie hat das Buch „We Should All be Feminists“ geschrieben – bzw. den Vortrag gehalten – welcher immer noch nicht auf Deutsch erschienen ist.
Bei Wikipedia findet sich ein schöner Artikel über Sie und auch ein Link zu den 2 TED Talks von Ihr u.a. eben zu „We Should All be Feminists“. Die Autorin Chimamanda Ngozi Adichie selbst ist in Nigeria geboren und eine Wanderin zwischen den Welten (Amerika/Lagos). Ich mußte doch aufpassen den Roman als nicht zu biografisch einzuordnen und die Titelfigur Ifemelu mit der Autorin gleichzustellen – auch wenn es sicher große Parallelen gibt,
Kurze Beschreibung des Inhaltes: Zwei junge Menschen in Nigeria kommen zusammen, lieben sich sehr. In Nigeria scheint es wenig Zukunft zu geben, z.B. was Bildung angeht. Das Mädchen schafft es nach Amerika, der Junge nach England. Beide schlagen sich durch. Das Mädchen bekommt später ein Stipendium, ergattert eine Greencard und hat auch 2 längere Beziehungen in den USA. Der Junge hat in England weniger Glück und kommt ziemlich schnell wieder zurück nach Nigeria wo er aber mit, den dort wohl üblichen, Tricks ein reicher Mann wird. Er bleibt aber wer er ist. Viele Jahre haben Sie keinen Kontakt.
Der jungen Frau begegnet in Amerika ein Thema was in Nigeria keins für Sie war. Dem Thema Rasse. Es gibt weiße Amerikaner, spanische Amerikaner und schwarze Amerikaner. Sie selbst bezeichnet sich als nicht-amerikanische Schwarze …
Überall und beständig wird Ifem mit dem Thema Rasse konfrontiert, sei es in Beziehungen, bei Ihrer Frisur oder auf der Jobsuche. Plötzlich hat sie Probleme die vorher nicht existierten. Sie versucht sich anzupassen und versucht das eine ganze Weile. Doch irgendwann besinnt Sie sich und beginnt dann einen Blog zu schreiben auf welchem Sie vom alltäglichen Rassismus berichtet und sehr viel Zustimmung findet. Sie wird eingeladen, hält Vorträge und verdient richtig Geld und landet später sogar auf einer Eliteuni. Immer betont Sie dabei den Unterschied zwischen schwarzen Amerikanern und den nicht-amerikanischen Schwarzen. Dort wo Sie herkommt gibt es keine Weißen mit denen sich die Schwarzen vergleichen müßten oder hinter denen Sie stehen würden. Später fiebert Sie mit als Obama sich den Präsidentschaftswahlen stellt.
Wir begleiten Ifemelu von Ihrer frühen Kindheit in bitterer Armut und in einem schwierigem Elternhaus – ein Vater der sich zu sehr bewußt ist nicht mithalten zu können und eine Mutter die eine extrem Gläubige ist und sich ebenso extrem beeinflussen läßt. Beide nicht wirklich erreichbar für das kleine Mädchen. Es flüchtet sich in Bücher und hegt eine enge Freundschaft zu Ihrer jungen Tante was Ihr Halt gibt. Ihre Intelligenz und Ihr Fleiß bringen Sie auch in der Schule vorwärts, wo Sie Obinze kennenlernt, der ähnlich tickt, der aber im Gegensatz zu Ihr ein gutes Zuhause hat mit einer Mutter die Professorin ist und Ihren Sohn fördert und akzeptiert.
Das Leben in Nigeria ist nicht einfach – vorallen nicht wenn man Arm ist. Geld und Prestige und enge Verbandelungen unter Verwandten und Geschäftspartnern scheinen mir das Ding zu sein um es in Nigeria zu schaffen. Das Geld wird oft zuerst durch Betrug gewonnen und durch hohe Kredite und An- und Verkäufe vermehrt. Die armen Menschen setzen alles dran nach oben zu kommen. Viele Frauen versuchen sich einen reichen Mann zu angeln.
Man taucht wirklich in eine andere Kultur ein, die Stellenweise sehr befremdlich ist und andererseits gar nicht soviel anders. Ein wenig ist es wie eine Entdeckungsreise die wir mit Ifemelu machen können, durch Nigeria und durch Amerika, durch Armut und durch die Welt der Priviligierten.. Es werden auch noch viele andere Themen aufgegriffen, was die Protagonisten und die ganze Geschichte einfach auch sehr glaubhaft und echt macht.
Immer wieder bekommt man die Blogartikel zwischendurch zu lesen und fiebert auch sonst mit, vor allem in den Zeiten wo es Ifemelu sehr schlecht geht weil Sie kein Geld hat und keinen Job findet als Schwarze (intelligente) junge Frau außer zwielichtige Angebote.
Es ist schon ein bisschen auch so eine Art Aschenputtelstory, ein braves Mädchen wird durch Beharrlichkeit, Ehrlichkeit und Ihre Klugheit, naja und auch durch Kontakte und Hilfe (gibts auch bei Aschenputtel), zu einer jungen Frau die viele Annehmlichkeiten genießen kann und einen privilegierten Status erreicht. Sie findet ihren eigenen Ausdruck und damit sogar Anerkennung und Erfolg – was gibt es schöneres. Und auch Partnerschaft und Liebe.
Im letzten Teil des Romans kehrt sie nach Laos zurück, Ihren Heimatort und trifft Obinze nach vielen Jahren wieder.. das Ende erzähle ich natürlich nicht, ich will ja nicht spoilern.
Insgesamt entwickelt sich die Geschichte schon von unten nach oben – etwas was mir auch oft in Filmen auffällt, aus Arm wird Reich, und selbst die Liebe ist irgendwie immer verbunden mit Wohlstand und einem weichem Nest. Im Hintergrund die Message „wenn man sich genug anstrengt und an sich glaubt, sein Ding macht, dann ist alles möglich“. Ich will nicht unterstellen das die Autorin das so geplant und gewollt hat, aber mir als weniger bevorzugtem Mensch fällt das auf.
Dazwischen gibt es immer wieder kleinere Nebengeschichten und andere Lebensläufe, wie den von Tante Uju und Ihrem Sohn Dike. Oder Freunden und Wegbegleitern von Ifemelu.
Besonders gut gefallen haben mir die Dialoge, die sind sehr gekonnt geschrieben. Dann natürlich der Weg von Ifemelu und Ihre Selbstbehauptung als Frau. Es ist aufjedenfall auch als feministisches Buch zu verstehen. „Americanah“ ist zweimal ausgezeichnet wurden und die Autorin inzwischen weltberühmt.
bei 4th Estate Books sind Ihre Bücher als wunderschöne Sonderausgabe erschienen (auf Englisch)
Die Muster sind nigerianischen Wachsdrucken nachempfunden (ich habe da ja ne Schwäche für besondere Druckkunst, gerade auch besondere Stoffe) – einfach wunderschön.
Einen weiteren guten Artikel findet Ihr bei der Zeit http://www.zeit.de/2014/21/chimamanda-ngozi-adichie-americanah
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Americanah